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Gesundheit: Die Linse auf den Preßlufthammer gerichtet

Serie Audiovisuelle Medien (2): Die Zentralstelle an der FU soll geschlossen werdenVON ROMAN LESKOVAR"Achtung Aufnahme", ruft Jan Lühtje und am Drehort wird es ruhig.Auf sein Zeichen hin beginnt ein stämmiger Bauarbeiter mit ohrenbetäubendem Lärm ein Loch in den Boden zu stampfen.

Serie Audiovisuelle Medien (2): Die Zentralstelle an der FU soll geschlossen werdenVON ROMAN LESKOVAR"Achtung Aufnahme", ruft Jan Lühtje und am Drehort wird es ruhig.Auf sein Zeichen hin beginnt ein stämmiger Bauarbeiter mit ohrenbetäubendem Lärm ein Loch in den Boden zu stampfen.Der Preßlufthammer schüttelt den Mann tüchtig durch.Jan steht neben dem Kameramann und überwacht aufmerksam den Ablauf der Szene.Er wirkt zufrieden.Während Kameramann und Beleuchter das Set für die nächste Einstellung rüsten, wirft Jan einen flüchtigen Blick auf sein Storyboard, auf dem er seinen dreiminütigen Kurzspielfilm Bild für Bild skizziert hat."Als nächstes werden wir den Preßlufthammer allein in einer Großaufnahme drehen", ruft er dem Kameramann zu. Die Komödie über den tristen Alltag eines Bauarbeiters ist bereits der vierte 16mm Film des ambitionierten Nachwuchsregisseurs.Als Schauspieler, Kameramann und Tonmeister hat der Filmwissenschaftsstudent der FU Freunde und Bekannte verpflichtet.Die teure Kamera- und Tonausrüstung stellt ihm die Zentraleinrichtung für Audiovisuelle Medien (ZEAM) der FU gratis zur Verfügung, so daß er für die Produktion nur das Filmmaterial und die Entwicklung aus eigener Tasche bezahlen muß. Einzige Bedingung für die Nutzung der ZEAM-Geräte ist, daß ein Dozent seinem Film einen wissenschaftlichen Anspruch bescheinigt.Im Falle der Bauarbeiterkomödie war das kein Problem, denn der Film soll einen Teil von Jan Lühtjes Magisterarbeit zum Thema "Zur Struktur des Komischen im Kurzspielfilm" darstellen."Ohne die Ausrüstung hätte ich mir den Film überhaupt nicht leisten können." Selbst für den Schnitt und die Vertonung des Films kann Jan die Dienste der ZEAM in Anspruch nehmen.Schneidetisch, Hörfunkstudio und Computerterminals sind ebenfalls auf dem Lankwitzer Campus vorhanden. Doch die Zeit drängt.Nicht etwa, weil Jan mit seinem Film in Zeitverzug gekommen ist, sondern weil die Universitätsverwaltung die Auflösung der Einrichtung wünscht.Zwar gibt es noch keinen Beschluß des Akademischen Senats, fest steht aber, daß es die ZEAM in dieser Form künftig nicht mehr geben soll."Ich bin mit meinem Studium glücklicherweise bald fertig.Viele filminteressierte Studenten haben dann schlechte Karten." Zu denen gehört Piri, die ebenfalls Theater- und Filmwissenschaften studiert und für Jans Film das Catering übernommen hat.Als Studienanfängerin und Filminteressierte trifft sie die FU-Sparmaßnahme besonders hart."Zwar gibt es auch an einigen Instituten Kameras.Man hat dort aber längst nicht die Möglichkeiten wie in der ZEAM", kommentiert sie.Die Universitätsleitung sieht das anders.Nach Meinung des FU-Vizepräsidenten Günter Kaindl ist die 16 mm Technik museal, und Videogeräte seien mittlerweile so billig, daß sich jeder Fachbereich Kameras leisten könne.Eine Zentralstelle sei deswegen entbehrlich.Er möchte statt einer Kombination aus Altem und Neuem ein "Zentrum für Neue Medien" auf dem Dahlemer Campus schaffen und den Audio/Videobereich auf die einzelnen Institute aufteilen.Der für die Studierenden so attraktive Geräteverleih hätte in diesem Modell keinen Platz mehr."Nur wer an einem gut ausgerüsteten Institut studiert, kann dann wahrscheinlich noch im Medienbereich arbeiten.Es wäre aber denkbar und wünschenswert, daß der Fachbereich Publizistik dann einen Videoverleih für alle Studenten betreibt", sagt ZEAM-Mitarbeiter Christian Zick, der mit in der Planungsgruppe des Zentrums für Neue Medien sitzt."Ob das tatsächlich möglich sein wird, kommt auf die personelle Ausstattung an. Im letzten Jahr kürzte man das Budget bereits um über 100 000 DM.Die Folgen sind vor allem für den Geräteverleih schmerzlich: kaputte Kameras und immer weniger Personal.Selbst die Stelle des Gerätewarts konnte nicht wiederbesetzt werden, so daß es niemanden mehr gibt, der defekte Kameras repariert."Ich bin gespannt, ob wir den Verleih überhaupt noch bis zum Ende aufrechterhalten können oder ob bis dahin nicht das meiste kaputt ist", sagt der bisherige Leiter der ZEAM, Werner Dewitz, der soeben emeritiert wurde. Für Piri und Jan kommt das Ende der jetzigen Einrichtung nicht ganz überraschend.Zwar sei in ihrem Freundeskreis der Geräteverleih bekannt gewesen, insgesamt hätten aber nur wenige Studenten von dem Angebot gewußt."Und dann kam noch das nervige Ausleihverfahren hinzu.Ohne die Unterschrift eines Dozenten bekam man in der Regel gar nichts.Soweit ich weiß, verzichteten deshalb viele Studierende darauf, einen Film zu drehen", erinnert sich Jan. Werner Dewitz betont demgegenüber, daß laut Statistik in den letzten fünf Jahren neben 25 wissenschaftlichen Filmen für den Lehrkörper auch 160 studentische Filme im Rahmen von Medienseminaren erstellt worden seien."Den Vorwurf, unsere Geräte standen in der Vergangenheit ungenutzt herum, lasse ich nicht gelten." Jan ist natürlich froh, von all dem Hickhack verschont zu bleiben.Er hofft mit seinem Abschlußfilm den Einstieg ins Establishment zu schaffen, wie es bereits andere FU-Studenten vorgemacht haben.Piri hingegen ist enttäuscht.Für sie wird das "Zentrum für Neue Medien" bei der Realisierung eines eigenen Filmes kaum behilflich sein können."Dann muß ich mich eben an den Filmhochschulen bewerben.Schade, daß die Unis gerade die wenigen praktischen Komponenten absägen." Bereits erschienen: Die Zentraleinrichtung Audiovisuelle Lehrmittel der Humboldt-Universität (am 8.März).

ROMAN LESKOVAR

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