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Die Übeltäter: So bedrohen Prionen Rinder und Menschen

Als Stanley Prusiner in den 70er und 80er Jahren seine revolutionäre Idee formulierte, wurde er von vielen Kollegen nicht ernst genommen. Heute weiß man, dass der amerikanische Biochemiker sehr wahrscheinlich recht hatte – es gibt tatsächlich Krankheitserreger ohne eigene Erbsubstanz, also ohne RNS oder DNS.

Offenbar können Krankheitserreger ohne eigene Erbsubstanz tatsächlich den gefürchteten Rinderwahn BSE auslösen. Auch wenn es immer noch keinen hundertprozentigen Beweis für die Theorie gibt, erhielt Prusiner für seine Entdeckung 1997 den Medizin-Nobelpreis.

Die rätselhaften Erreger sind Eiweiße und heißen „Proteinaceous Infectious Particles“, kurz: Prionen. Sie sind winzig klein und daher als einzelnes Molekül nicht sichtbar. Prionen existieren auch in gesunden Menschen und in vielen Tieren (etwa Rindern und Schafen), insbesondere in den Nervenzellmembranen des Gehirns. Zur Gefahr werden sie erst, wenn sie eine von der Norm abweichende Struktur besitzen: Wenn die zellulären Eiweiße „falsch gefaltet“ sind und dadurch krank machende Eigenschaften erhalten. „Wenn sich eines der fehlgefalteten Prionen an ein gesundes zelluläres Eiweiß anlagert, kann es offenbar dessen Struktur verändern, es also auch zu einem gefährlichen Prion machen“, erklärt Klaus Osterrieder, Virologe an der Veterinärmedizin der Freien Universität.

Bei der massenhaften Verbreitung von BSE, besonders in Großbritannien, geschah Ende der 90er Jahre vermutlich Folgendes: Gesunde Rinder wurden mit Tiermehl gefüttert, das auch aus den Kadavern kranker Rinder und Schafe bestand, die falsch gefaltete Prionen enthielten. Mit der Nahrung gelangten die Erreger in den Körper und über Lymph- und Nervenbahnen bis ins Gehirn. Dort lagerten sie sich an gesunde Prionen an und zwangen ihren „Opfern“ ihre falsche Struktur auf. Bei einem solchen Prionen-Befall bilden sich früher oder später größere Klumpen aus verdrehten Proteinen. Sie lassen Nervenzellen absterben und das Gehirn buchstäblich immer löchriger werden – bis der Tod eintritt. Bei der seltenen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJD), die es nur beim Menschen gibt, passiert wohl etwas ganz Ähnliches.

Diese Krankheit hat meist genetische Ursachen und tritt vor allem bei älteren Leuten auf. Aufgrund einer vererbten Mutation tragen diese CJD-Erkrankten eine gewisse Zahl falsch gefalteter Proteine schon in sich, stecken sich also nirgendwo an. Die Prionen lagern sich in den Nervenzellen zusammen und legen in einem zuerst schleichenden, plötzlich aber unaufhaltsam-raschen Prozess das Gehirn lahm. Die Erkrankten leiden unter Verwirrtheit, Halluzinationen, motorischen Störungen, Demenz – und sterben schließlich.

Seit den 90er Jahren ist nun, allerdings fast ausschließlich in Großbritannien, eine neue Variante von Creutzfeldt-Jakob (vCJD) aufgetreten. Sie besitzt etwas andere Symptome als die „klassische“ CJD. So ist etwa der Krankheitsverlauf dramatischer, und es trifft auffällig oft junge Menschen. Ursache ist vermutlich eine genetische Veranlagung. Die Zahl der vCDJ-Erkrankungen nimmt aber ab. Es scheint, als sei die Gefahr fürs Erste gebannt. Björn Rosen

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