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DIE Übeltäter: So durchlöchert Tuberkulose die Lunge

Etwa ein Drittel der Menschheit trägt nach WHO-Schätzungen den Tuberkulose-Erreger in sich. Glücklicherweise bricht die Krankheit nur bei etwa fünf bis zehn Prozent der Infizierten aus.

Etwa ein Drittel der Menschheit trägt nach WHO-Schätzungen den Tuberkulose-Erreger in sich. Glücklicherweise bricht die Krankheit nur bei etwa fünf bis zehn Prozent der Infizierten aus. Dann aber kann sie tödlich sein.

Tuberkulose wird von einem Bakterium ausgelöst, das ungewöhnlich widerstandsfähig ist. Das Mycobacterium tuberculosis hat eine aufwendig gebaute und sehr stabile Zellwand, unter anderem aus Fetten und Wachsen, wie Udo Buchholz, Epidemiologe am Robert-Koch-Institut, erklärt. Dafür braucht es aber auch unglaublich lange, um sich zu vermehren: Während sich andere Bakterien im Minutentakt teilen, geschieht dies bei dem Tuberkulosebakterium nur alle zwölf bis 20 Stunden. Deshalb liegen zwischen Ansteckung und ersten Symptomen oft bis zu sechs Wochen.

Übertragen werden die Bakterien meist mit der Atemluft, über kleine und kleinste Tröpfchen – ähnlich wie Grippeviren. Oft können sie schon in der Lunge vom Abwehrsystem des Körpers gestoppt werden: Fresszellen nehmen die einzelnen Bakterien auf, können sie allerdings nicht töten. Deshalb bilden andere Zellen der Immunabwehr noch einmal mehrere Ringe um die Eindringlinge. Sie mauern sie ein.

Von nun an schlummert das Bakterium Jahre und Jahrzehnte im Körper und wartet auf seine Chance. Die kommt meist dann, wenn das Abwehrsystem geschwächt ist – etwa durch schlechte Ernährung, hohes Alter, Zuckerkrankheit, eine HIV-Infektion oder Alkoholismus. „Obwohl bei so gut wie jedem Organ eine Tuberkulose auftreten kann, ist in 80 Prozent der Fälle die Lunge betroffen“, sagt Udo Buchholz. Durch den Befall mit den Bakterien sterben Zellen ab, das Gewebe wird zerstört. Auf den Röntgenbildern von Patienten kann man dann regelrechte Löcher in der Lunge erkennen, weshalb Tuberkulose früher auch als „die Motten“ bekannt war. Der Patient leidet unter Schwäche, leichtem Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust. Bei Befall der Lunge kommt es außerdem zu lang anhaltendem Husten (mit gelblich-grünem Schleim, später sogar mit Blut), durch den die Patienten andere anstecken können. Im Spätstadium können Atemnot, extreme Auszehrung oder andere Komplikationen zum Tode führen.

„Werden die Erreger nicht gestoppt, kann die Lunge irgendwann ihre Funktion nicht mehr aufrecht erhalten“, sagt Buchholz. Gegen Tuberkulose muss eine Kombination verschiedener Antibiotika genommen werden – und zwar über ein halbes Jahr. Meist ist die Therapie sehr wirksam. Allerdings bilden die Bakterien zunehmend Resistenzen. In Deutschland wirken bei zwei Prozent der Erkrankten die zwei erstrangig eingesetzten Antibiotika schon nicht mehr.

Im Jahr 2007 erkrankten hierzulande rund 5000 Menschen an Tuberkulose. Großstädte wie Berlin sind stark betroffen, weil dort überdurchschnittlich viele Aidskranke und Obdachlose leben – und Migranten, in deren Heimatländern die Krankheit eine größere Rolle spielt. Besonders in Osteuropa haben die Tuberkulosefälle seit dem Zusammenbruch des Kommunismus zugenommen, weil viele Menschen arm und medizinisch nicht mehr so gut versorgt sind. Björn Rosen

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