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Andre Mijatovic plagt sich weiter mit einer hartnäckigen Verletzung am Sprunggelenk.

© dapd

Dr. Dollas Diagnose (45): Mijatovic und das Problem mit dem Sprunggelenk

Herthas Kapitän Andre Mijatovic hatte sich Anfang Dezember eine Innenbanddehnung im Sprunggelenk zugezogen und fällt seitdem aus. Ein ungewöhnlich langer Zeitraum. Was macht eine solche Verletzung so kompliziert?

Das obere Sprunggelenk (OSG) verbindet die Unterschenkelknochen, also Schien- und Wadenbein, mit einem Knochen der zu den Fußwurzelknochen gehört (Talus). Weiterhin wird das OSG durch Bandstrukturen stabilisiert. Es gibt Bandstrukturen zwischen Schienbein und Wadenbein (Syndesmose) sowie am inneren (Innenbänder) und am äußeren (Außenbänder) Knöchel.

Das Sprunggelenk ist eines der am stärksten belasteten Gelenke des menschlichen Körpers. Verletzungen des OSG sind daher gerade im Sport sehr häufig. Besonders das Umknicken des Fußes, mit oft einhergehenden Verletzungen der Außenbänder, ist jedem Sportler bekannt. Häufig kommt es dabei auch zu Kapsel-Bandverletzungen.

Dr. Thorsten Dolla, Sportmediziner und Tagesspiegel-Experte.
Dr. Thorsten Dolla, Sportmediziner und Tagesspiegel-Experte.

© promo

Zeigte sich früher nach Röntgenaufnahmen, dass es zu einer vermehrten seitlichen Aufklappbarkeit des OSG kommt, wurden Bandrupturen operativ versorgt. Dagegen werden diese Verletzungen heute auch bei Leistungssportlern fast ausschließlich konservativ behandelt. Im Vordergrund steht nach abschwellenden Maßnahmen das so genannte propriozeptive Training. Dabei trainiert der Verletzte auch auf Wackelbrettern und Weichturnmatten, um das Sprunggelenk zu stabilisieren.

Seltener kommt es zu Innenbandrupturen des OSG. Ist es nicht zu einem größeren knöchernem Ausriss gekommen (laut Röntgenbild) wird konservativ behandelt. Grundsätzlich gilt dabei: Verletzte Bandstrukturen sind acht Wochen nach dem Unfall vernarbt und stabil. Eine volle Belastung ist möglich.

Besonders im Hochleistungssport wird eine deutlich frühere "Heilung" erwartet. Wird das Sprunggelenk dabei zu früh wieder unter komplexen Bewegungen, wie sie in sämtlichen Ballsportarten verlangt werden, belastet, kann der Sportler ein höheres Risiko eingehen, sich erneut zu verletzen. Arthrosen im Sprunggelenk entwickeln sich ohne Verletzungen allerdings selten. Vielmehr sind sie Spätfolgen von komplexen Sprunggelenksverletzungen. Soweit sollte es bei Andre Mijatovic aber nicht kommen. Vielleicht wird er schon am Mittwoch wieder ins Training einsteigen.

Der Berliner Orthopäde Dr. Thorsten Dolla, 48, ist seit vielen Jahren in der Sportmedizin tätig. Er war Mannschaftsarzt bei Hertha BSC, beim 1. FC Union und dem Footballteam Berlin Thunder. Beim ISTAF war er bis 2009 leitender Arzt und ist heute Ringarzt beim Boxen. Für Tagesspiegel.de schreibt er regelmäßig über Sportverletzungen und ihre Folgen.

Aufgezeichnet von Michael Rosentritt

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