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Pierre-Michel Lasogga, treffsicherster Stürmer bei Hertha BSC in dieser Bundesliga-Saison.

© dapd

Dr. Dollas Diagnose (60): Was passiert in der Rehabilitation?

Herthas Pierre-Michel Lasogga hat sich am Samstag einen Kreuzbandriss zugezogen und wird sechs Monate ausfallen. Dr. Thorsten Dolla erklärt, wie schwerwiegend eine solche Verletzung ist und wie der Patient die Zeit der Rehabilitation sinnvoll nutzen kann.

Während noch vor Jahrzehnten die Diagnose vordere Kreuzbandruptur fast zwangläufig das sichere Aus der Profikarriere bedeutet hat, ist dies heutzutage nicht mehr der Fall. Die Technik der operativen Versorgung hat sich weiterentwickelt und damit auch verändert. Während man vor Jahren nach kompletter Öffnung des Kniegelenks das gerissene vordere Kreuzband genäht hat um es anschließend für mehrere Wochen in einem Oberschenkelgips ruhig zu legen, wird heute meist arthroskopisch und nach einem kleinen Schnitt das vordere Kreuzband durch eine körpereigene Sehne ersetzt.

Das vordere Kreuzband ist wichtig, da es mit dem hinteren Kreuzband, dem Innen- und dem Außenband das Kniegelenk stabilisiert. Vordere Kreuzbandverletzungen entstehen durch Drehbewegungen im Kniegelenk. Dabei bleibt der Fußballschuh im Boden fixiert, während sich das Knie mit dem Oberschenkel verdreht. Der Sportler spürt einen plötzlich stechenden Schmerz, manchmal hört man auch ein Geräusch im Knie. Das Kniegelenk kann nicht mehr vollständig bewegt werden, ein Instabilitätsgefühl kann auftreten.

Bilder vom Spiel Hertha gegen Hoffenheim:

Bei der Untersuchung zeigt sich ein Erguss. Mit einer Kernspintomographie (MRT) kann die Diagnose vordere Kreuzbandruptur bestätigt werden. Zusätzlich kann im MRT der Knorpel und der Innenmeniskus sowie der Außenmeniskus beurteilt werden.

Sportmediziner Dr. Thorsten Dolla.
Sportmediziner Dr. Thorsten Dolla.

© promo

Grundsätzlich kann die Therapie konservativ und operativ erfolgen. Bei einem Profifußballer wird aufgrund der vermehrten Seitwärts- und Rotationsbewegungen die Durchführung einer Kreuzbandplastik empfohlen. Diese soll dann für eine ausreichende Stabilität sorgen. Nach operativer Versorgung wird bei anschließender Wundkontrolle ein täglich intensives Reha-Programm durchgeführt. Das jeweilige Reha-Programm gibt der Operateur vor.

Bei abschwellenden Maßnahmen wie Kühlung (Eis) und Lymphdrainage wird sofort ein Bewegungs- und Kräftigungstraining durchgeführt. Dabei möchte man eine volle Streckung im Kniegelenk erreichen. Die Beugung wird für die ersten Wochen limitiert. In den ersten Wochen kann eine Bewegungsschiene die Bewegung verbessern. Durch das Gangtraining ist ein Gehen ohne humpeln im zweiten Monat nach der Operation möglich.

Mit weiterführender manueller Therapie, Wassergymnastik und Fahrradfahren auf dem Hometrainer wird die Beweglichkeit verbessert und die Muskulatur weiterhin gekräftigt. Besonders wichtig ist die Oberschenkelmuskulatur, die auch für die Stabilität des Kniegelenkes sorgt. Mit einer Wiederaufnahme des Fußballspiels ist nach ungefähr sechs Monaten zu rechnen. Bei gutem Heilverlauf kann Pierre-Michel Lasogga noch in diesem Jahr, hoffentlich dann auch in der Bundesliga, wieder Tore schießen.

Der Berliner Orthopäde Dr. Thorsten Dolla, 48, ist seit vielen Jahren in der Sportmedizin tätig. Er war Mannschaftsarzt bei Hertha BSC, beim 1. FC Union und dem Footballteam Berlin Thunder. Beim ISTAF war er bis 2009 leitender Arzt und ist heute Ringarzt beim Boxen. Für Tagesspiegel.de schreibt er regelmäßig über Sportverletzungen und ihre Folgen.

Aufgezeichnet von Michael Rosentritt

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