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Gesundheit: Dr. Meiers Alptraum

Weggespart: Eine Berliner Uni beruft einen Forscher auf eine Professur – und entlässt ihn wieder

„Man fühlt sich wie ein Spielball“, sagt Dr. Thomas Meier, der eigentlich anders heißt. Der Wissenschaftler möchte nicht, dass sein Name in der Zeitung erscheint, und auch das Institut der Berliner Universität, an das er im Sommer diesen Jahres einen Ruf erhielt, soll nicht genannt werden. „Damit würde sich die Situation für mich wahrscheinlich noch verschlimmern“ sagt der 48-Jährige, der es noch immer nicht versteht, wie es sein kann, dass sein Ruf auf eine C4-Professur nach Berlin wegen der aktuellen Kürzungspläne plötzlich für null und nichtig erklärt wird.

Die Chance seines Lebens

Thomas Meier hatte jahrelang auf diese Stelle hingearbeitet und freute sich über die Berufung, über die er im Sommer informiert wurde. Er nahm den Ruf offiziell an und war der Meinung, dass die Ernennungsurkunde von der Universität lediglich eine Formalität sei. Er wartete, doch statt der Urkunde kam im August plötzlich ein Brief, in dem ihm kurz und knapp mitgeteilt wurde, dass „wegen der aktuellen Sparpläne mit Verhandlungen bezüglich der Stelle nicht zu rechnen sei“. Thomas Meier konnte nicht glauben, was er da las. Er hatte den Ruf ja bereits angenommen, von Verhandlungen konnte also keine Rede sein. Doch seine Bitte um Stellungnahme stieß auf taube Ohren. Er wandte sich mehrmals an das Präsidium der Universität, doch ohne Erfolg. Bis heute hat er keine Antwort erhalten. „Das ist eigentlich das Schlimmste dabei: Der Ruf läuft einfach ins Nichts aus. Keiner fühlt sich mehr zuständig. Es ist so, als ob man gegen eine Wand läuft.“

Für Thomas Meier ist die ganze Situation nicht nur ärgerlich, sondern existenzbedrohend. C4-Stellen sind in der deutschen Universitätslandschaft rar gesät und das Prozedere, um überhaupt vorgeschlagen und für eine Kandidatur geprüft zu werden, dauert oft Jahre. Aber auch das Institut sieht mit dem Wegfall der C4-Stelle einer mehr als unsicheren Zukunft entgegen. Denn vor Bekanntgabe der Sparpläne sollten eigentlich zu den schon vorhandenen Professoren-Stellen noch zwei dazukommen. Diese waren bereits bewilligt und die Auswahl der Bewerber lief auf vollen Touren. Doch das Institut ließ sich offenbar zu viel Zeit bei der Suche nach den richtigen Wissenschaftlern. Bei der Auswahl einigte man sich schließlich auf Thomas Meier und einen anderen Wissenschaftler, der jedoch kurzfristig wieder absprang. Meier nahm den Ruf an – und wird doch nicht Professor in Berlin. Die Position der Uni-Leitung: Sie muss die Sparvorgaben des Senats umsetzen und sieht sich deshalb nicht mehr in der Lage, Wort zu halten.

„Skandalös und willkürlich“

So steht das Institut, an dem Meier eigentlich lehren sollte, mit leeren Händen da. Eine Situation, die von allen Beteiligten als skandalös und willkürlich empfunden wird. Der Unmut richtet sich nicht nur gegen den Berliner Senat, dessen Einsparungen die Universitäten zu Stellenkürzungen zwingen, sondern auch gegen das Uni-Präsidium.

Die Forscher werfen der Leitung vor, beim Streichen nicht gerecht vorzugehen: „Das kann nicht sein, dass hier einem ein bereits erteilter und angenommener Ruf einfach wieder unter dem Hintern weggezogen wird. Besetzt wird offenbar nach dem Prinzip: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!“ sagt Regine Schmidt, die – unter ihrem richtigen Namen – als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut arbeitet. Als ungerecht empfinden Wissenschaftler und Studenten auch, dass die Kürzungen eigentlich in Abstimmung mit den Ergebnissen von Evaluierungen vorgenommen werden sollten – bei denen das Institut gut weggekommen ist.

Sandra Löhr

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