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Dr. Wewetzer: Zehn Jahre länger leben

Einige Anläufe habe ich gebraucht, um mir das Rauchen abzugewöhnen. Schließlich hat es geklappt, auch wenn ich ganz selten noch davon träume, einen Rückfall zu haben. Das war vor 20 Jahren. .

Welchen gesundheitlichen Nutzen das Aufhören hat, zeigt nun eine große Umfrage unter rund 200 000 Amerikanern, die zwischen 1997 und 2004 befragt wurden. Das Ergebnis, veröffentlicht im Fachblatt „New England Journal of Medicine“, lässt sich zweifelsohne auch auf Deutschland übertragen. Deutlicher geht’s kaum. Wer raucht, muss damit rechnen, mindestens zehn Jahre eher zu sterben als Menschen, die nie geraucht haben. Die Hauptrisiken sind Gefäßleiden (vor allem Herzinfarkt), Krebs der Atemwege und chronische Bronchitis mit Husten und dem, was Mediziner vornehm „Auswurf“ nennen.

Im Umkehrschluss heißt das, dass ein Raucher nichts Besseres tun kann, als Schluss mit dem blauen Qualm zu machen. Klingt banal, aber die Zahlen sind auch hier eindeutig. Wenn man zwischen dem 25. und 34. Lebensjahr aufhört, gewinnt man zehn Jahre. Zwischen dem 35. und 44. neun und zwischen dem 45. und 54. immerhin noch sechs Jahre Lebenszeit. Das sind natürlich Durchschnittswerte laut der Studie. Außerdem lohnt es sich selbstverständlich, auch noch mit 55 oder später abstinent zu werden, selbst dann gibt es noch einen eindeutigen gesundheitlichen Nutzen.

In den westlichen Industrienationen wird weniger geraucht. Das zeigt sich in Deutschland vor allem daran, dass der Anteil der starken Raucher (mehr als 20 Zigaretten am Tag) seit 1991 deutlich zurückgeht. In der 25- bis 69-jährigen Bevölkerung bei den Männern von 20 auf zehn Prozent, bei den Frauen von neun auf sechs Prozent. Jenseits der 65 haben vier von fünf Rauchern sich von ihrem Laster verabschiedet.

Trotz des insgesamt positiven Trends nach unten sind Zigaretten immer noch populär, vor allem im mittleren Lebensalter. Hier gleichen sich Frauen und Männer immer mehr an. Zwischen dem 50. und 59. Lebensjahr rauchen nach einer Umfrage aus dem Jahr 2010 fast ebenso viele Frauen (30 Prozent) wie Männer (33 Prozent). Ein unerwünschter Trend zur Gleichstellung, der sich in der Häufigkeit von Lungenkrebs bei Frauen niederschlägt. Noch kommt auf zwei an dem Tumor erkrankte Männer eine Frau, aber das ändert sich. Seit Ende der 90er Jahre hat dieser sehr gefährliche Krebs bei Frauen um 30 Prozent zugenommen, während er bei Männern ganz allmählich abnimmt. Bei Männern sind laut Robert-Koch-Institut neun von zehn Lungenkrebserkrankungen, bei Frauen mindestens sechs von zehn auf das Rauchen zurückzuführen.

Gründe für die Tabakabstinenz gibt es etliche. Wer mit dem Rauchen aufhört, senkt diverse Krankheitsrisiken, erhöht seine Lebenserwartung, kann endlich wieder durchatmen, schont seine Mitmenschen und spart noch dazu eine Menge Geld. Der Preis ist gering: ein paar Tage Nikotinentzug und ein paar Pfund mehr auf der Waage. Die fallen angesichts der Vorteile nicht ins Gewicht.

Unser Kolumnist leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels. Haben Sie eine Frage zu seiner guten Nachricht?

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