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Gesundheit: Eine vermeidbare Krankheit

Darmkrebs zählt zu den gefährlichsten Tumoren, obwohl er im Frühstadium leicht entdeckt werden kann Eine Spiegelung bringt für rund zehn Jahre Gewissheit. Im März gibt es mehrere Vorträge dazu

So sieht also das Modell eines Dickdarms aus. Ein langer, rötlicher Schlauch windet sich nach oben, biegt nach links ab, wendet sich wieder nach unten, bevor er in den Dünndarm einmündet. In seiner Spandauer Praxis zeigt der Internist Jens Aschenbeck auf die aufgeschnittene Mitte. „Dort sehen Sie die Polypen.“ Zwei graue Geschwulste kleben an der Darmwand. Eines ist schon so groß, dass es die Wand durchdrungen hat und auf der Außenseite weiterwuchert.

Eigentlich sind diese Polypen Ausstülpungen der Schleimhaut, gutartig am Anfang. Erst wenn man sie jahrelang wachsen lässt, können sie bösartig werden. Dann entsteht Darmkrebs, und der steht in Deutschland bei beiden Geschlechtern auf Platz zwei der tödlichsten Krebsformen – nach Lungenkrebs bei Männern und Brustkrebs bei Frauen. Rund 30 000 Menschen sterben daran. Jährlich.

Treffen kann es jeden. Anders als beim Lungenkrebs, der nachweislich durch starkes Rauchen befördert wird, kann der Einzelne eher wenig tun, um die Bildung von Darmkrebs zu verhindern. Ursache ist, neben der familiären Veranlagung, dass der Organismus allgemein ab dem 50. Lebensjahr anfälliger wird für Zelldefekte. Deshalb sind Menschen in der zweiten Lebenshälfte besonders betroffen. Aber nicht immer: Der Verlegersohn Felix Burda starb 2001 mit 33 Jahren an Darmkrebs. Seit seinem 25. Lebensjahr war der Tumor unbemerkt gewachsen. Seither ruft die Felix Burda Stiftung jedes Jahr den „Darmkrebsmonat März“ aus. In Anzeigen und Vorträgen wird bundesweit daran erinnert, wie leicht der Tumor durch eine Darmspiegelung entdeckt und beseitigt werden kann (siehe Terminspalte). Denn das ist das Paradox der Krankheit: Darmkrebs ist eine der tödlichsten Krebsformen, obwohl er – im Frühstadium – zu den am leichtesten behandelbaren gehört. Aber bislang nimmt nur eine Minderheit die Möglichkeit zur Vorsorge wahr. Denn alles, was mit Verdauung zu tun hat, ist immer noch tabuisiert. Der Natur sind Tabus egal: „Rund 30 Prozent aller beschwerdefreien Menschen über 55 haben im Dickdarm bereits einen gutartigen Polypen“, sagt Jens Aschenbeck, Regionalvorsitzender des Verbandes Niedergelassener Gastroenterologen. Meist stellen sie keine Gefahr dar – aber das Risiko, dass sie eines Tages zu Krebs werden, besteht. Werden sie entfernt, ist die Gefahr gebannt.

Wie macht sich Darmkrebs bemerkbar? Dass etwas nicht stimmt, merkt der Betroffene irgendwann an Symptomen wie Blut im Stuhl, Bauchschmerzen oder an Stuhlgang, der häufig die Konsistenz wechselt und mal hart, mal weich ist. Dann ist der Tumor häufig schon weit fortgeschritten, die Überlebenschance sinkt von 90 auf unter 50 Prozent. „Deswegen wollen wir den Patienten vorher haben“, sagt Aschenbeck, der im Jahr bis zu 1200 Darmspiegelungen durchführt. Zu spät dafür ist es nie, aber am sinnvollsten ist es, wenn man noch keine Beschwerden hat. Seit 2002 übernehmen die Kassen bei Menschen über 55 die Kosten einer Spiegelung alle zehn Jahre. Eine Praxisgebühr fällt nicht an.

So läuft eine Darmspiegelung ab: Der Hausarzt – alternativ auch ein Gynäkologe oder Urologe – empfiehlt dem Patienten einen der rund 70 niedergelassenen Berliner Gastroenterologen. Nach einem Aufklärungsgespräch darf der Patient 24 Stunden vor der Untersuchung nichts mehr essen und muss ein Abführmittel einnehmen. Die Spiegelung selbst dauert nur 15 Minuten. „Für die meisten Patienten ist die Vorbereitungszeit unangenehmer als die eigentliche Untersuchung“, sagt Jens Aschenbeck. Der Patient liegt auf der linken Seite, der Arzt führt einen Schlauch, ein Koloskop, in den Darm ein. An der Spitze befindet sich ein Chip, der wie bei einer Digitalkamera Bilder aufzeichnet, die auf einem Monitor wiedergegeben werden.

Wenn der Arzt einen Polypen entdeckt, entfernt er ihn schmerzlos mit einer kleinen Stahlschlinge, die unter Strom steht. Das Gewebe wird an einen Spezialisten geschickt und untersucht. Im schlimmsten Fall stellt sich heraus, dass es bereits bösartig ist. Dann führt kein Weg an einer stationären Operation vorbei, bei der die gesamte betroffene Sektion des Darms chirurgisch entfernt werden muss.

War das Gewebe hingegen gutartig, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten zehn Jahren kein Darmkrebs entwickeln. Die 15 Minuten Zeit lohnen sich also. „Eine Darmspiegelung ist eine echte Vorsorge“, sagt Aschenbeck. Andere Krebsformen, etwa an der Brust oder der Prostata, sind weitaus tückischer. Die kann man nur durch eine Früherkennung feststellen. Aber dann ist der Krebs bereits da.

Informationen im Internet: www.berlin-gegen-darmkrebs.de, www.berliner-gastroenterologen.de und auf dem Such- und Beratungsportal von Tagesspiegel und Gesundheitsstadt Berlin unter www.gesundheitsberater-berlin.de/kliniken_diagnosen-therapien/dickdarmkrebs--3

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