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Gesundheit: Elektrotod für Heuschrecken

Berliner Wissenschaftler entwickeln eine Waffe gegen die Schädlinge, deren Schwärme ganze Ernten vernichten können

Wenn die gefräßige Afrikanische Wanderheuschrecke oder die ähnlich verheerende Wüstenheuschrecke zuschlägt, bleibt von Grasland oder Feldfrüchten nicht mehr viel übrig. So groß ist der Hunger der Tiere, dass ein einziger Schwarm aus mehreren Milliarden Exemplaren an einem Tag bis zu 20 000 Tonnen Feldfrüchte vertilgen kann. Weltweit wird fast ein Viertel der Erdoberfläche von ihnen bedroht – weshalb vielerorts an Methoden zur Bekämpfung gearbeitet wird.

Breit eingesetzt werden chemische Insektizide, deren modernere Varianten zwar nicht mehr so giftig sind wie DDT, wegen ihrer Kurzlebigkeit aber öfter gesprüht werden müssen. Zudem töten sie auch möglicherweise nützliche Insekten – und bedrohen die Gesundheit der Landwirte. Auch etwa an speziell gezüchteten Bakterien oder Pilzen forschen die Wissenschaftler.

Der Geographie-Professor Frithjof Voss und seine Mitarbeiter vom Institut für Geographie in Berlin (Teil der Deutschen Gesellschaft für Geographie) hingegen haben ein Aluminium-Gitter entwickelt, das die Heuschrecken mit elektrischer Hochspannung tötet, keine gesundheitlich oder ökologisch schädlichen Nebenwirkungen haben soll und sehr einfach einsetzbar wäre.

Kernstück des inzwischen patentierten Geräts ist das elektrisch aufgeladene Gitter, das der Anwender vor sich her trägt und dicht über den Boden oder die jeweilige Feldfrucht führt. Die Hochspannung von 4000 bis 10 000 Volt wird von einem tragbaren Elektrogenerator aus einer 12-Volt-Batterie hergestellt, die durch Solarzellen nachgeladen werden kann – wichtig in Entwicklungsländern, wo das Stromnetz weitmaschig ist.

Aufgescheucht durch die Schritte des Gitterträgers oder durch das Anschlagen des Alu-Gitters an den Halmen, hüpfen die Schädlinge hoch, prallen großenteils gegen das vier Meter lange und einen halben Meter hohe Drahtnetz und verenden durch einen heftigen Stromschlag. Seitlich ausbüchsende Insekten könnten dann beim nächsten Überfahren des Bodens mit dem Gitter erwischt werden.

Die neue Technik kann auch vor Traktoren zum Einsatz kommen und ist Voss zufolge nicht nur ökologischer, sondern auch ökonomischer als herkömmliche Verfahren: Die Anwender brauchen weder Insektizide noch Treibstoff, um sie auszubringen. Das spart auch Wasser, das für die Bereitung von Spritzmitteln gebraucht wird.

Die elektrische Anti-Plagegeister-Waffe ist überdies sofort verfügbar. Denn bis afrikanische Bauern Hilfe von Sprühflugzeugen herbeigerufen haben, könnten Tage vergehen. „Dann ist der Schaden vollendet“, sagt Voss, der bereits seit Mitte der achtziger Jahre nach schnell wirksamen Bekämpfungsmethoden für Schadinsekten sucht. Einen Hersteller für die Großserie hat er noch nicht gefunden, dann aber dürfte ein solches Gerät so um die 150 Euro kosten, schätzt der Geograph.

Zurzeit arbeitet er daran, wie sich ganz bestimmte Insekten durch elektromagnetische Schwingungen oder Duftstoffe anlocken und dann per Elektroschock vernichten lassen.

Und noch einen Vorteil soll die Methode haben: Werden die Heuschrecken durch eine Vorrichtung am Gitter aufgefangen, ergebe das „fantastisches Geflügelfutter“. Das müssten die Hühnerhalter sonst kaufen.

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