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Gesundheit: Erspart uns das

Berlins Unis wehren sich gegen „Einmischungen“

Die drei großen Berliner Universitäten haben ihr gemeinsames Sparwerk vollbracht – doch das letzte Wort darüber, wie sie sich in den nächsten fünf Jahren ausrichten werden, ist noch nicht gesprochen: Konflikte mit der Berliner Politik bahnen sich an.

Am Mittwoch traten die drei Uni-Präsidenten gemeinsam vor die Presse, um ihre „Strukturpläne“ für die nächsten fünf Jahre vorzustellen. Die Pläne sind das Ergebnis des Spardrucks aus der Politik. 75 Millionen Euro müssen die drei Universitäten bis zum Jahr 2009 einsparen. In den Jahren 2004/2005 müssen sie einmalig 54 Millionen Euro erbringen. Die Sparpläne der Unis basieren auf internen Stärken- und Schwächenanalysen, monatelangen schmerzhaften Diskussionen mit den Fachbereichen, mit Gremien und Politikern – und nicht zuletzt auf einer engen Abstimmung des Angebots zwischen den Universitäten.

Zwei Stunden später antwortete Berlins Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) mit einer Gegen-Pressekonferenz: Die Pläne der Universitäten sind für ihn keine „Dauerlösungen“. Der Senator will eine wissenschaftliche Kommission ins Leben rufen. Zusammengesetzt aus auswärtigen Experten, soll sie die „weitere Strukturentwicklung in Berlin begleiten“. Außerdem werde das Land Brandenburg aufgefordert, sich zu den Strukturplänen der Berliner Hochschulen zu äußern. Flierl hob auch die große Rolle des Abgeordnetenhauses hervor. Erst, wenn es die Strukturpläne ratifiziert habe, werde man mit den Verhandlungen über die Hochschulverträge für die Jahre 2006 bis 2009 beginnen.

Die Präsidenten der Universitäten sehen in der Kommission eine Einmischung durch den Staat, der die Autonomie ihrer Hochschulen untergraben könnte. Eine Kommission könnte die Unis zwingen, ihre Sparpakete teilweise wieder aufzuschnüren und umzugestalten. Die Universitäten sind aber der Auffassung, sie hätten mit ihren Strukturplänen „erneut bewiesen, dass sie mit der ihnen übertragenen Autonomie verantwortungsvoll und gemeinwohlorientiert umgehen“, wie Jürgen Mlynek, der Präsident der Humboldt-Universität, sagte. Um dem Senat zu demonstrieren, dass sie sich auch in Zukunft gemeinsam ohne Hilfe von außen miteinander abstimmen wollen, haben sich die drei Universitäten jetzt zu einer „ständigen Konferenz“ zusammengeschlossen, gab Mlynek bekannt.

Unterschiedliche Auffassungen gibt es auch über die Auswirkungen der Sparvorgaben. Rund 230 Professuren werden gestrichen. Von seinen 85000 Studienplätzen werde Berlin deshalb mindestens 10000 einbüßen, wie FU-Präsident Dieter Lenzen vorrechnete. Außerdem wünschen sich die Universitäten, dass in Zukunft weniger Studenten auf einen Professor kommen, weil die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge „betreuungsintensiver“ seien.

Gegen die Schätzung, 85000 Studienplätze könnten in der Stadt nicht mehr gehalten werden, wenden sich Flierl und sein Staatssekretär Gerhard Husung ganz entschieden. Der Verlust an Studienplätzen werde sich allenfalls im Hunderter-, nicht aber im Tausenderbereich bewegen. Schließlich würden Studienplätze an die Fachhochschulen verlagert. Außerdem würden als Grundlage für die künftige Berechnung der Studienplätze die Module in den Bachelor- und Masterstudiengängen den entscheidenden Maßstab bilden. Lenzen wirft Flierl Schönfärberei vor: Er habe die Lehrverpflichtung der Professoren um eine Semesterwochenstunde erhöht, um den Abbau der Kapazitäten zu vertuschen.

Konflikt-Potenzial zwischen Flierl und den Unis könnte auch die unklare Haltung des Senators zum Bund-Länder-Wettbewerb der Spitzenuniversitäten bergen. Die Berliner Parteitage der SPD wie der PDS haben sich gegen einen Wettbewerb von Elite-Unis ausgesprochen. Flierl jedoch sagte gestern, er hoffe, dass die CDU-regierten Länder ihre Blockade aufgeben. Das Land Berlin unterstütze „mit eigenen Anregungen diesen Wettbewerb um Graduiertenschulen und Forschungscluster“ – die Säule der Elite-Unis, die auch Teil des Wettbewerbs ist, erwähnte Flierl allerdings nicht. Das macht hellhörig. Denn Flierl sagte auch, er könne zwischen seiner Position und der der Parteitage keinen Widerspruch feststellen. Schließlich sei der Wettbewerb nicht einseitig auf Elite-Universitäten ausgerichtet. Heißt das etwa, in Berlin wird es bestenfalls Exzellenzcluster und Graduiertenschulen geben, aber keine ganze Elite-Uni? Ein klares Bekenntnis vermied der Senator.

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