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Gesundheit: Experte im Interview: "Der westliche Lebensstil begünstigt Erkrankungen"

Ulrich Wahn (54) ist Kinderarzt und Allergologe an der Kinderklinik der Berliner Charite. Matthias Meisner sprach mit dem Wissenwschaftler über mögliche Konsequenzen aus dem Forderungskatalog des Umweltrates.

Ulrich Wahn (54) ist Kinderarzt und Allergologe an der Kinderklinik der Berliner Charite. Matthias Meisner sprach mit dem Wissenwschaftler über mögliche Konsequenzen aus dem Forderungskatalog des Umweltrates.

Aus Sicht des Umweltrates hat die Politik zu lange den Zusammenhang zwischen Allergien und Umweltbelastungen unterschätzt. Sehen Sie das auch so?

Wenn wir Umwelt im weitesten Sinn als westlichen Lebensstil verstehen, kann ich das nur unterstreichen. Forschungsergebnisse zeigen, dass die Art und Weise, wie wir in den reichen Industrieländern leben, Allergien begünstigt. Das, was wir die Epedemie des 21. Jahrhunderts nennen, wurde so mit ausgelöst.

Womit erklären Sie den Anstieg von Allergien konkret?

Das ist die 100 000-Mark-Frage. Endgültig kann ich sie nicht beantworten. Asthma und Allergien gehören zu den häufigsten chronischen Problemen auch in Deutschland bei Kindern und Jugendlichen. Auch wenn viele nur leicht krank sind - es sieht so aus, als hätte die Anomalie des Immunsystems etwas zu tun mit Wohlstand, mit Hygiene, mit Lebensbedingungen unter hohem Standard.

Welche Rolle spielt Rauchen? Aus Sicht des Umweltrates ist das zu wenig untersucht worden, inwieweit schlechte Luft Allergien befördert.

Wenn Umweltbelastungen in der Bevölkerung diskutiert werden, fallen zuerst Stichworte wie Abgas, Verkehrsbelastung, Ozon. Doch unter allen Faktoren verschlimmert das aktive und passive Rauchen Allergien, besonders Erkrankungen der Atemwege, am klarsten.

Beim Arbeitsschutz und beim Lebensmittelrecht wurden Allergien offenbar lange vernachlässigt.

Vor allem den Betroffenen und den Selbsthilfeorganisationen ist eine bessere Lebensmitteldeklaration ein wichtiges Anliegen. Wenn ein Allergiker in den Supermarkt geht, kann zum Beispiel bei Schokolade oder bei Süssigkeiten irgend etwas in niedrigen Spuren zugemischt und nicht deklariert sein, das dann Gesundheitsrisiken mit sich bringt. Wenn es um berufsbezogene Erkrankungen geht, sind Untersuchungen vor Beginn der Lehre zu fordern. Teenager, die sich für ihr Leben für den Beruf des Bäckers oder der Friseurin entscheiden, sollten vor der Ausbildung auf mögliche Risiken hingewiesen werden. Das ist viel besser, als sie hinterher in Rehabilitationsmaßnahmen zu schicken.

Mancher glaubt, am besten so mit seiner Allergie umzugehen, indem er sie einfach ignoriert. Was sagen sie ihm?

Das ist problematisch. Wenn einer nur ein bißchen Kitzeln in der Nase hat, mag dies noch angehen. Doch gerade als Kinderallergologe sehe ich Fälle, wo ein schlichtes Ignorieren letztlich mit einer Chronifizierung der Krankheit bezahlt werden musste.

Aus Sicht des Umweltrates hat die Politik zu lange

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