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Gesundheit: Experten sehen keine Gefahr - Widerspruch zu Öko-Institut

Es war eine spontane Aktion. Anfang der letzten Woche verbot die grüne Gesundheitsministerin Andrea Fischer den Anbau von "Gen-Mais" der Firma Novartis in Deutschland.

Es war eine spontane Aktion. Anfang der letzten Woche verbot die grüne Gesundheitsministerin Andrea Fischer den Anbau von "Gen-Mais" der Firma Novartis in Deutschland. Damit kam sie einer in der gleichen Woche "drohenden" Zulassung des transgenen Mais als Sorte zuvor - das Getreide wäre dann unbegrenzt anzubauen gewesen. Bis dahin war der Anbau von "Gen-Mais" in Deutschland auf Versuchsfelder begrenzt. Jetzt ist er ganz verboten.

Die Tatsache, dass Frau Fischer rasch gegen die Biotechnik durchgriff, als "Gefahr im Verzuge" war, war aber kein ungeplanter Zufall. Denn das die Ministerin die grüne Gentechnik aufs Korn nehmen würde, war abzusehen. Schließlich ist nicht nur nachzulesen, das die Grünen nichts von der Gentechnik halten. Auch das Gutachten, mit dem die Ministerin das plötzliche Verbot des "Gen-Mais" legitimierte, lag bereits vor und stammte von einem Verein, der Gentechnik in der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion grundsätzlich ablehnt, nämlich dem Freiburger Öko-Institut.

Das Ergebnis des Gutachtens - es ist noch unter Verschluss - dürfte also von vorneherein festgestanden haben: der Mais stellt ein potenzielles Gesundheitsrisiko dar, zumindest in den Augen des Öko-Instituts. "Marktzulassungen von Gen-Mais und anderen transgenen Pflanzen" seien "nicht zu rechtfertigen", so das Öko-Institut im Februar 1998. Die Entscheidung der Ministerin kam demnach zwar früh, aber gekommen wäre sie wohl sowieso.

Das Hauptargument der Gentechnik-Gegner ist im Falle des Novartis-Mais ("Bt-Mais") das Risiko der Antibiotika-Resistenz. Denn der Bt-Mais enthält nicht nur ein neues Gen, das ihnen gegen einen häufigen Schädling, den Maiszünsler, schützt. Dem Getreide wurde zudem ein allerdings inaktives ("stummes") Erbmerkmal für eine Antibiotika-Resistenz eingebaut. Dieses Ampicillin-Resistenz-Gen erleichterte die Zucht der Maissorte. Die Kritiker befürchten, das Gen könne nach dem Verzehr von Mais im Darm auf Bakterien übergehen und diese gegen eine Ampicillin-Therapie wappnen.

"Keine schädlichen Einwirkungen"

Wie groß ist dieses Risiko? Laut Gentechnik-Gesetz ist für solche Fragen die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit zuständig, ein Gremium von 30 Experten. Die Kommission hat sich mehrfach, zuletzt im August 1999, mit Antibiotika-Resistenzgenen in Pflanzen auseinandergesetzt. Sie kommt zu einer völlig anderen Bewertung als Öko-Institut und Gesundheitsministerium: Aufgrund der Resistenzgene seien "keine schädlichen Einwirkungen auf Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen sowie die sonstige Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge" zu erwarten.

Dass sich die Fachleute so sicher sind, liegt an mehreren Ursachen. Zum einem muss das Resistenzgen in intakter Form aus dem Zellkern hinausgelangen. Doch lauern schon in der Maiszelle selbst, vor allem aber im Darm Fermente ("DNAsen"), die das Gen zersetzen. Wird es dennoch in intakter Form von einem E.-coli-Bakterium - einem typischen Darmbewohner - aufgenommen und in dessen Erbgut integriert, so ist es nochmals unwahrscheinlich, dass das Gen auch aktiv wird. Hinzu kommt, dass Antibiotika-Resistenz im Darm keine Seltenheit ist. In Kliniken gefundene Coli-Bakterien sind zur Hälfte gegen Ampicillin abgehärtet.

In den USA erfolgte 1999 bereits ein Drittel des Maisanbaus mit genetisch veränderten Pflanzen. Weil die Pflanzen ihr Insektizid "eingebaut" haben, verrringert sich der Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln. Dank "Gen-Mais" wurden 300 Tonnen weniger Insektizid verbraucht. Folgerichtig bedeutet das nun erfolgte Verbot, dass hierzulande mehr Insektenschutzmittel als nötig versprüht werden. Ob das ein Erfolg für den "vorbeugenden Gesundheitsschutz" ist, mit dem die Gesundheitsministerin ihr Verbot rechtfertigt, erscheint eher zweifelhaft.

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