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Gesundheit: Extrakurse für Elitestudenten, aber keine erweiterte Mitbestimmung

Was die rot-rote Koalition für Berlins Hochschulen plant

„Die Einführung der Viertelparität in den satzunggebenden Gremien der Hochschulen konnten wir bei dem Koalitionspartner nicht durchsetzen.“ Der Landesvorsitzende der Linkspartei/PDS, Klaus Lederer, klang im Roten Rathaus zerknirscht, als er dies am Mittwochabend verkünden musste. Neben ihm saß Klaus Wowereit und rief fröhlich in die Runde: „Ich bin sehr zufrieden, dass sich die PDS mit der Viertelparität nicht durchsetzen konnte.“

Bei diesem Ergebnis dürfte den meisten Präsidenten der Berliner Hochschulen ein Stein vom Herzen fallen. Denn die Viertelparität, die die PDS seit dem Jahr 2001 verfolgt, würden den dominierenden Einfluss der Professoren in den Gremien gefährden und letztlich auch die Effizienz der starken Hochschulleitungen infrage stellen.

Die PDS will dennoch weiterhin dem Grundsatz folgen, dass mehr Demokratisierung in den Hochschulen die logische Folge von gestärkter Autonomie ist. Wie die Partei im künftigen Hochschulgesetz, das 2007 beschlossen werden soll, mehr Demokratisierung durchsetzen will, ist allerdings nicht klar. Denn auch die Einführung des gleichfalls umstrittenen Kreuzwahlrechts ist vom Tisch. Beim Kreuzwahlrecht hätten die Studenten einen Teil der Professoren in den Unigremien mitwählen können. In letzter Sekunde sei dieser Plan auf Drängen der SPD gekippt worden, hieß es aus Verhandlungskreisen. Als Kompensation habe die SPD auf die Einführung von Studiengebühren und Studienkonten verzichtet, gegen die sich die Linkspartei vehement gewehrt hatte.

„Es ist gut, dass diese Diskussion im Keim erstickt wurde“, sagte der Präsident der Freien Universität, Dieter Lenzen. Das Kreuzwahlrecht hätte für die Chancen der Berliner Unis im Elitewettbewerb verheerende Folgen gehabt.

Die Hochschulverträge, die 2009 auslaufen, sollen nach der Koalitionsvereinbarung ab 2010 fortgesetzt werden, und zwar auf „derzeitigem Niveau“. Gleichzeitig stellt die Koalition jedoch klar, dass steigende Energiekosten und Ausgabensteigerungen durch neue Tarife von den Hochschulen getragen werden müssten. Die Verträge werden noch stärker für gemeinsame hochschulpolitische Zielvereinbarungen genutzt und stellen damit den eigentlichen Hebel der Politik dar, um längerfristig auf die Unis einzuwirken.

Erstmals soll es ab 2010 auch einen Hochschulvertrag für die Charité geben. Der im Vorfeld umstrittene Plan, Forschung und Krankenversorgung des Uniklinikums finanziell zu trennen, wurde offenbar auf Eis gelegt. Die SPD, die eine Trennung befürwortete und sich so eine Hintertür für die Privatisierung der Charité offen halten wollte, konnte die PDS nicht von dem Vorhaben überzeugen.

Zu den wichtigsten Aussagen des Koalitionsvertrages gehört die Ankündigung, dass Berlin sich an dem Hochschulpakt 2020, der zurzeit zwischen Bund und Ländern ausgehandelt wird, nur unter folgender Bedingung beteiligen wird: Die bisherigen Leistungen bei der Bereitstellung von Studienplätzen müssten anerkannt werden. Bekanntlich sind 47 Prozent der Studenten Landeskinder, 53 Prozent kommen aus anderen Bundesländern und dem Ausland. Für die Einrichtung neuer Studienplätze zur Bewältigung des Studentenbergs sieht sich Berlin also offensichtlich nicht in der Lage, will aber dennoch an die Bundesgelder herankommen. Die starken, von der CDU regierten Länder fordern dagegen, dass die Bundesgelder nur dann im Hochschulpakt an die Länder gehen sollen, wenn diese neue Studienplätze schaffen. Nordrhein-Westfalen kündigte gestern an, es wolle bis 2010 für 20 000 neue Studienplätze 125 Millionen Euro bereitstellen. Ohne die Zustimmung aller Länder kann der Hochschulpakt nicht zustande kommen.

Falls sich die Länder einigen, sollen in Berlin mit dem Geld aus dem Hochschulpakt vor allem an den Fachhochschulen neue Studienplätze entstehen, da SPD und Linkspartei die Fachhochschulen weiter auf Kosten der Unis stärken wollen. Die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege soll in eine andere FH integriert werden: entweder in die Fachhochschule für Wirtschaft, die schon die Berufsakademie aufgenommen hat, oder in die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft.

An den Unis wollen die Koalitionäre ein „Berliner Modell“ für Bachelor- und Masterstudierende einführen. Ausgewählten Studenten sollen an Kollegs neben ihrem normalen Studium Zusatzkurse belegen können, um schneller in die Forschung zu kommen. Das Geld für die Kollegs und die Kurse sollen private Sponsoren und Unternehmen zahlen. U.S./tiw

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