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Gesundheit: Fellows reden sich warm

Berliner Wissenschaftskolleg stellt neuen Jahrgang vor

Der Nobelpreis für Imre Kertész überstrahle den neuen Fellow-Jahrgang, sagte der Rektor des Wissenschaftskollegs zur Begrüßung seiner Gäste. Alles Weitere, was zum 22. Jahrgang seit der Kolleg-Gründung 1980 zu sagen wäre, scherzte Dieter Grimm, sei Statistik: Aus 20 Ländern kamen 22 Geistes-, 12 Natur- und 10 Sozialwissenschaftler.

Zwei Forschungsschwerpunkte gibt es: Risiko-Wissenschaften und Hirnentwicklung. Da verwandelt sich die Statistik in Programm. Er wolle sich nicht an der grassierenden Marginalisierung der Geisteswissenschaften beteiligen, beteuert Dieter Grimm. Aber im zweiten Jahr als Rektor – 2001 löste der ehemalige Verfassungsrichter den Soziologen Wolf Lepenies ab – plane er nun doch eine kleine Wende zu mehr Sozial- und Biowissenschaften.

Grimm selbst startet ein groß angelegtes juristisches Projekt – zur Verfassungsgerichtsbarkeit. Bei einem der Risiko-Themen erforscht Gesine Hofinger (Bamberg) das Management kritischer Situationen in komplexen Arbeitsfeldern am Modell der modernen Anästhesie. Leiter der Gruppe der Hirnforscher ist Georg F. Striedter (University of California), der sich vorgenommen hat, mit seinem jetzt entstehenden Buch „die Sprachlosigkeit zwischen Entwicklungs- und Evolutions-Neurobiologen“ zu überwinden.

Von Kommunikations-Mangel konnte am Eröffnungsabend keine Rede sein. In Gesellschaft zahlreicher prominenter Gäste aus Wissenschaft und Politik wie des israelischen Botschafters Shimon Stein, der Direktorin des Einstein-Forums Susan Neiman und des Leiters des Wissenschafts-Zentrums Jürgen Kocka redete man sich warm für eine fruchtbare Phase konzentrierten Arbeitens. Aber auch die Fellows überschritten bei ihren ersten Kontakten fröhlich die Fächergrenzen: So plauderten die Psychobiologin Barbara Finlay (Cornell University) und der Politologe Walter Mattli (Columbia) nicht etwa über die Frühentwicklung von Wirbeltier-Gehirnen oder die politische Ökonomie der Festsetzung internationaler Standards, sondern über die multikulturelle Überraschung, die Finlay bei ihrem ersten Fitness-Kurs in Berlin-Mitte erlebte: Mit Blick auf den Dom gab eine Trainerin afrikanischer Herkunft Aerobic-Befehle in akzentfreiem Deutsch. Neben Finlay mühte sich eine Frau im Burka-Schleier der Choreografie zu folgen, während die Forscherin von einer neuen Hirn-Idee abgelenkt war.

Für den Star des Kolleg-Jahrgangs, Imre Kertész, sollte der Begrüßungsabend der vorerst letzte sein, an dem er sich von seiner eigentlichen Arbeit ablenken lassen wollte. Vor wenigen Tagen erst kehrte er mit Frau Magda vom „Triumphzug durch Budapest“ zurück. Von jetzt an werde er sich in seinem Zimmer einschließen, sagte Kertész: „Um die Rede für Stockholm zu schreiben.“ Erst danach könne er sich seinem ursprünglich für Berlin geplanten Projekt, der Vollendung seines neuen Romans „Liquidation“, zuwenden.

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