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Gesundheit: Gaststudenten in China leben isoliert

Jeden Abend vollzieht Alejandro Lezcano mit zwei Freunden das gleiche Ritual: Sie gehen ins „SIT“, wie das Café „Sculpting in Time“ bei seiner jungen westlichen Kundschaft genannt wird. Bei einer Flasche Rotwein und Pizza erledigen sie ihre Chinesisch-Hausaufgaben.

Jeden Abend vollzieht Alejandro Lezcano mit zwei Freunden das gleiche Ritual: Sie gehen ins „SIT“, wie das Café „Sculpting in Time“ bei seiner jungen westlichen Kundschaft genannt wird. Bei einer Flasche Rotwein und Pizza erledigen sie ihre Chinesisch-Hausaufgaben. Manchmal gehen sie später noch in die Disko um die Ecke. Peking bietet Gaststudenten fast alles, was auch westliche Metropolen zu bieten haben. Nur Chinesen trifft der 22-jährige Lezcano aus Madrid selten.

Viele westliche Studenten finden sich in China in einer Parallelgesellschaft wieder. Sie büffeln jeden Tag fernöstliche Schriftzeichen und Aussprachen. Manche üben sich in Tai-Chi und Kampfkünsten. Doch trotzdem finden sie kaum Anschluss an das chinesische Leben.

Ein Auslandsstudium in China liegt bei westlichen Studenten im Trend. An der renommierten Tsinghua-Universität schreiben sich jedes Jahr mehr als 2000 Gaststudenten ein. Das Leben als „Liuxuesheng“ (Auslandsstudent) ist vergleichsweise luxuriös. Die Fliesen der Ausländerwohnheime glänzen, im Fahrstuhl liegt ein roter Teppich. Die Romantik der Vergangenheit, als Studenten in Sechser-Zimmern mit Doppelstockbett hausten, sucht man vergeblich. Ausländische Studenten dürfen nicht mit Chinesen im gleichen Wohnheim leben. Es gibt eigene Studierzimmer, getrennte Mensen.

Manche Straßen im Universitätsviertel Wudaokou im Nordosten Pekings gleichen kleinen Ausländerghettos. Die Speisekarten sind englisch und koreanisch. Amerikaner besuchen ihr Fitness-Studio, Koreaner die Karaoke-Bars, für Durstige gibt es im Sommer einen „deutschen“ Biergarten. Chinesische Studenten können sich diese Ausländerkneipen oft nicht leisten. Die Architekturstudentin Zheng Lu, die Deutsch lernt, trifft sich deshalb jede Woche mit deutschen Studenten zum Sprachaustausch in der „Deutschen Ecke“ in einer Mensa.

Die Münchnerin Pauline Rückerl meidet mittlerweile die Ausländerszene. „Wudaokou sieht wie ein Vergnügungsviertel für Reiche aus“, sagt die Gaststudentin an der Tsinghua Universität. Sie ist aus dem Ausländerwohnheim ausgezogen und wohnt jetzt mit Chinesen zusammen. „Man braucht viel Selbstdisziplin, um aus dem Zirkel der internationalen Studenten auszubrechen“, findet die 21-Jährige, deren Mutter aus Taiwan stammt.

Doch wer sich Mühe gebe, könne beim Essen in der Mensa oder auf dem Sportplatz mit Chinesen ins Gespräch kommen. „Als Deutsche ist man allerdings nicht so spannend wie ein Amerikaner“, sagt Rückerl. Englischsprachige Gaststudenten sind in China als Sprachpartner begehrt. Trotzdem hat die Deutsche eine Chinesin als Freundin gefunden, mit der sie auch ihr Zimmer teilt.

Sören Urbansky[Peking]

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