zum Hauptinhalt

Gesundheit: "Gebärneid" lässt Männer dick werden

Wissenschaftler weisen hormonelle Veränderungen bei werdenden Vätern nachThorsten Severin Nun ist es offiziell: Auch bei Männern verändert sich während der Schwangerschaft ihrer Partnerinnen der Hormon-Spiegel rapide. Zu dieser Erkenntnis kommen Wissenschaftler der Memorial University im kanadischen St.

Wissenschaftler weisen hormonelle Veränderungen bei werdenden Vätern nachThorsten Severin

Nun ist es offiziell: Auch bei Männern verändert sich während der Schwangerschaft ihrer Partnerinnen der Hormon-Spiegel rapide. Zu dieser Erkenntnis kommen Wissenschaftler der Memorial University im kanadischen St. Johns. Sie hatten Blutproben von 34 Paaren ausgewertet, die an einem Geburtsvorbereitungskurs teilnahmen. Auch beim Mann werde die Produktion des Stress-Hormons Cortisol und des Hormons Prolactin angekurbelt, wenngleich weniger drastisch als bei der Frau, berichtet die britische Fachzeitschrift "New Scientist". Darüber hinaus steigt bei den Männern der Anteil ihres Sexualhormons Testosteron. Eine weitere Parallele zur Frau: Nach der Geburt des Kindes sinkt die Hormon-Konzentration wieder.

Besonders stark waren die Symptome bei Männern, die unter typischen Schwangerschaftszeichen litten, etwa einer Gewichtszunahme oder Müdigkeit. Dass auch werdende Väter oft dicker werden, sei seit langem bekannt, betont Ines Albrecht-Engel, Vorsitzende der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung (GfG) in Düsseldorf. Sie weiß außerdem von Kopf-, Magen- und Rückenschmerzen der Männer im Zuge der Schwangerschaft. Viele Kurse zur Geburtsvorbereitung bezögen daher die Gefühle und Veränderungen der Väter in spe ein, erklärt die Autorin mehrerer Fachbücher.

Oft jedoch würden die Beschwerden der Männer nicht mit der Schwangerschaft ihrer Frau oder Freundin in Verbindung gebracht, die Männer geradezu außen vor gelassen, bemängelt der Berliner Gynäkologie-Professor Heribert Kentenich. Trotzdem werde von ihnen gefordert, im Kreißsaal dabei zu sein. "Wir erleben immer wieder, dass Männer mit der Geburt emotional überfordert sind", erläutert Kentenich.

In einigen Bevölkerungsgruppen existieren feste Rituale der Männer im Umfeld der Geburt. Nicht nur bei den Arapeshs in Papua-Neuguinea gibt es etwa das so genannte "Couvade". Bei diesem "Männerkindbett" übernimmt der Vater die Rolle der Wöchnerin. In oft übersteigerter Form wird er zum Genesenden und legt sich zur Ruhe. In früheren Jahrhunderten kam das Männer-Wochenbett auch in Europa vor, im Baskenland war es gar bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitet.

Für die männlichen Schwangerschafts-Symptome gibt es laut Ines Albrecht-Engel eine Reihe von Interpretationen: "Mitleid und Solidarität" ebenso wie "Gebärneid". Experte Kentenich macht deutlich, dass neben möglichen hormonellen Umstellungen die Schwangerschaft der Partnerin für die Männer "eine schwierige Situation" darstelle, da mit ihr die Verantwortung steige und die Bindung größer werde. Dies könne zu zusätzlichem Stress und etwa einer Veränderung des Ess-Verhaltens führen. "Die Männer werden sich bewusst, von nun an ein Leben lang festgelegt zu sein", erklärt der Fachmann für psychosomatische Geburtshilfe. Hinzu kämen die Sorge um das Wohl von Frau und Kind wie auch die Angst vor einer Früh- oder Fehlgeburt. Ludwig Janus, Leiter einer internationalen pränatalen Forschungsgruppe, macht darüber hinaus deutlich, dass ein Mann notwendigerweise "vom Sohn zum Vater" werden müsse. Derartige Veränderungen in der Identität seien ein wesentlicher Grund, weshalb auch die Männer in der Schwangerschaft aus dem Gleichgewicht gerieten, verdeutlicht Janus.

Thorsten Severin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false