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Gesundheit: Geisteswissenschaften: gesund – und herausgefordert

Wie kuriert man einen eingebildeten Kranken? Der Wissenschaftsrat setzt mit seinen Empfehlungen zu den Geisteswisenschaften auf eine konventionelle Therapie: Er erklärt sie für gesund.

Wie kuriert man einen eingebildeten Kranken? Der Wissenschaftsrat setzt mit seinen Empfehlungen zu den Geisteswisenschaften auf eine konventionelle Therapie: Er erklärt sie für gesund. „Die Leistungen der Geisteswissenschaften sind in der Forschung ebenso wie in der Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses sehr gut und international anerkannt“, resümiert eine Arbeitsgruppe von deutschen und internationalen Experten in einer 160-seitigen Stellungnahme, die dem Tagesspiegel vorliegt. Heute soll sie Berlin offiziell vorgestellt werden.

Zweifel an der Relevanz der Geisteswissenschaften – gerne auch von kürzungswilligen Finanzministern gehegt – fegt der Wissenschaftsrat vom Tisch. Sie „wirken gleichermaßen an der kulturellen und politischen Selbstvergewisserung Deutschlands und an der ökonomischen Wertschöpfung mit“.

Die Gutachter sprechen aber auch von „Defiziten, Desideraten und Herausforderungen“. Diese leiten sie weniger aus dem Ist-Zustand der Fächergruppe an den Universitäten oder in den außeruniversitären Instituten ab. Vielmehr geht es da um den Wandlungsprozess, dem das Wissenschaftssystem insgesamt unterworfen sei – durch zunehmende Internationalisierung und Wettbewerb.

Sind Geisteswissenschaftler etwa zu wenig in englischsprachigen Publikationen vertreten, nach denen sich doch die gefürchteten Rankings richten? Hier präsenter zu werden, sei ein unterstützenswertes Ziel, heißt es. Aber die deutsche Sprache sei eben auch keine „beliebig konvertierbare Währung“, sondern ein unentbehrlicher Ausdruck „von Denkstilen und damit Voraussetzung von intellektueller Vielfalt“.

Die Universitäten ermahnt der Wissenschaftsrat, den Geisteswissenschaften auch weiterhin ausreichenden Spielraum zu geben – in einem „Kernbestand geisteswissenschaftlicher Disziplinen“. Jede Volluniversität sollte fünf Bereiche erhalten und ausbauen: Sprachen und Texte, Bild, Musik und Theater, Geschichte und Gesellschaft, Erkenntnis, Ethik und Religion sowie eine Reihe außereuropäischer Wissensbereiche. Daneben schlagen die Gutachter den Hochschulen vor, „Forschungskollegs“ einzurichten – nach dem Vorbild von „Institutes for Advanced Studies“, an denen Hochschullehrer und Gäste sich zeitweise ausschließlich der Forschung widmen können.

Zu den gestuften Studiengängen bekennt sich der Wissenschaftsrat erwartungsgemäß, mahnt aber zusätzliches Geld an, um das in den Geisteswissenschaften ohnehin schon schlechte Betreuungsverhältnis zu verbessern. Kleine Fächer könnten sich zu Lehrverbünden zusammenschließen.

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