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Gesundheit: Gesundheitsförderung: Wer sich bewegt, hat mehr vom Leben

"Sie sollten sich etwas mehr bewegen", riet der Arzt dem Patienten, nachdem er ihm den wie immer zu hohen Blutdruck gemessen hatte. Dann schrieb er seufzend ein Rezept aus.

"Sie sollten sich etwas mehr bewegen", riet der Arzt dem Patienten, nachdem er ihm den wie immer zu hohen Blutdruck gemessen hatte. Dann schrieb er seufzend ein Rezept aus. Der wohlbeleibte Herz- und Zuckerkranke erhob sich mühsam, stieg vor der Praxis ins Auto, fuhr bis vors Haus und dann mit dem Fahrstuhl in die Wohnung. Dort ließ er sich in den Sessel sinken und sah sich mit dem Bierglas in der Hand ein Fußballspiel an. Das regte ihn so auf, dass sein Blutdruck noch höher stieg.

Solche hier karikiert dargestellten Passivsportler ruinieren nicht nur ihre Gesundheit, sie treiben auch die Krankheitskosten in schwindelnde Höhen. Deshalb fängt jetzt eine Krankenkasse nach der anderen an, sich für die allgemeine Gesundheitsförderung wie auch für gezielte Krankheitsprävention zu interessieren. Auch die privaten Versicherungen werden aktiv. Die "Berlin-Kölnischen Versicherungen" engagieren sich für den Gesundheitssport. Gemeinsam mit der privatwirtschaftlich tätigen "Gesundheits-Akademie Berlin" luden sie zu einer Veranstaltung mit Sportmedizinern und Ärztefunktionären ein.

Da kamen erschreckende Fakten auf den Tisch: Unnatürlichen Bewegungsmangel stellen die Experten heute bei zwei Dritteln der Bewohner von Industrieländern fest. Die Behauptung der Gesundheits-Akademie, "Bewegungsmangel ist der Risikofaktor Nummer eins" wird allerdings durch die Wissenschaft relativiert: Das Rauchen und ein nicht oder unzulänglich behandelter Bluthochdruck richten erwiesenermaßen noch mehr Schaden an.

Der amerikanische Epidemiologe Ralph Paffenbarger hat einmal berechnet, wie sich die verschiedenen Einflüsse eines gesundheitsförderlichen Lebensstils auf die Lebenserwartung auswirken. Am meisten bringt die Vermeidung eines Bluthochdrucks, nämlich 2,7 zusätzliche Jahre, gefolgt vom Nichtrauchen mit 2,3 Jahren. Mäßige körperliche Aktivität aber schlägt immerhin mit 1,3 Jahren zu Buche. Nachgewiesen ist auch, dass Bewegung das Risiko für die koronare Herzkrankheit senkt, was man sich für die Rehabilitation von Infarkt-Patienten zu Nutze macht.

Das Wissen ist also vorhanden; das Problem ist die Anwendung. Ein Hindernis ist die menschliche Trägheit, ein anderes laut Dickhuth das teilweise noch fehlende oder nicht genügend bekannte Angebot gesundheitsfördernder Sportmöglichkeiten: "Sie werden zum Teil im Vereinssport und zum Teil im kommerziellen Bereich angeboten; die Angebote sind aber bisher wenig strukturiert und nicht übersichtlich." Außerdem seien sie nicht kritisch geprüft, und es fehle eine laufende Qualitätskontrolle.

Für Berlin trifft dies zum Glück nicht mehr zu. Wie der Sportbeauftragte der Landesärztekammer (der einzige im Bundesgebiet), Folker Boldt, berichtete, gibt es hier Hunderte gesundheitsbezogener Sportgruppen in Vereinen und Klubs. Ihre Angebote werden regelmäßig nach Kriterien überprüft, die von der Ärztekammer und dem Landessportbund Berlin vereinbart wurden. Seit 1997 wird auf Initiative der Kammer ein Qualitätssiegel für gesundheitsfördernde Bewegungs- und Sportprogramme verliehen.

Teilnehmer beispielsweise an Wirbelsäulen-Gymnastik, an Kursen zur Vorbeugung der Osteoporose, an Sportgruppen für Herzkranke oder Diabetiker müssen übrigens nicht Mitglied in einem Verein sein, liest man in einem vom Landessportbund Berlin (Telefon 30 00 21 64) herausgegebenen Verzeichnis der zertifizierten Gesundheitssportangebote in der Stadt. Dort wird auch empfohlen, sich vor sportlichen Aktivitäten einer Vorsorgeuntersuchung zu unterziehen.

Geprüft und zertifiziert werden in Berlin seit 1997 auch Sport- und Fitness-Studios nach denselben Maßstäben wie die Vereine. Mit der Prüfung dieser Studios ist die Gesundheits-Akademie Berlin betraut. So, wie die Vereine ihre Aktivitäten immer mehr vom Leistungssport zum Breiten- und Gesundheitssport verlagern, kommen die Fitness-Studios weg vom Kraftsport und hin zum Gesundheitssport. Vor allem mit solchen Anbietern arbeitet die "Initiative Präventiver Gesundheitssport" zusammen.

Die wissenschaftlich begleitete Initiative wird unterstützt von Ärzte-Verbänden. Denn zu den Zielen gehört es, nicht nur die Sporttrainer in Sachen Gesundheit, sondern auch die Ärzte in Sachen Sport zu schulen. Damit sie in gezielt verordnen können und nicht mehr ebenso schlicht wie folgenlos sagen: "Sie sollten sich etwas mehr bewegen." Wer aber den Rat wirklich befolgt, tut übrigens auch ohne Sport etwas für sich. Wer schon älter ist und nicht mehr mit Sport anfangen will, profitiert selbst vom Spazierengehen schon. Wer das mehrmals in der Woche in einigermaßen flottem Tempo tut, der verlängert nachweislich sein Leben.

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