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Gesundheit: Hinterm Mond geht’s weiter

Zu teuer, zu gefährlich – die Ära des Space-Shuttle geht zu Ende. Doch jetzt wollen die Amerikaner wieder zum Mond. Und von dort zum Mars

Ein amerikanischer Traum nähert sich seinem Ende. Michael Griffin, Chef der US-Raumfahrtbehörde Nasa, hat die Entwicklung des Space-Shuttle als Fehler bezeichnet. „Es ist jetzt allgemein akzeptiert, dass das nicht der richtige Weg war“, sagte Griffin der Zeitung „USA Today“. Auch die Raumstation ISS wäre unter seiner Führung nicht gebaut worden. „Wir versuchen nun, den Weg zu ändern und dabei so wenig Schaden anzurichten wie möglich.“ Das Space-Shuttle sei, so Griffin, ein „extrem aggressives“ Projekt gewesen an der Grenze der Umsetzbarkeit. 14 Astronauten kamen während der gut 30 Jahre währenden Shuttle-Ära ums Leben. Die Gesamtkosten des Raumschiffs werden auf 150, die der ISS auf 100 Milliarden Dollar geschätzt.

Euphorisch hatte es angefangen, damals, Anfang 1972, als US-Präsident Richard Nixon den Startschuss für die Entwicklung eines wieder verwendbaren Raumgleiters gab. „Ein kleiner Schritt für den Menschen, ein Riesenschritt für die Menschheit“ – die Worte, mit denen Neil Armstrong im Juli 1969 auf den Mond hüpfte, klangen noch im Ohr.

Das Projekt „Apollo“ sollte nur den Beginn der Eroberung des Alls markieren. Nun würde der Orbit auch kommerziell erobert werden. Erzabbau und Fabriken auf dem Mond, gar die landwirtschaftliche Nutzung von Mond und Mars wurden erwogen. Ein kostengünstiges Transportmittel für Menschen und Material musste also her. Diverse US-Unternehmen entwickelten Entwürfe. Und man entschied sich für die billigste Lösung: das Space-Shuttle. Geschätzte Kosten pro Flug: 10,5 Millionen Dollar.

Tatsächlich liegen die Kosten bei mehreren hundert Millionen Dollar, folgt man der Nasa heute. Unabhängige Berechnungen kommen auf mindestens 1,5 Milliarden Dollar. Für einen Flug.

Denn der elegante Gleiter stellte sich als komplexes und äußerst fragiles Geschöpf heraus – mit 3,5 Millionen Einzelteilen, 1440 integrierten Schaltkreisen und 370 Kilometern Kabel. Dieses Mosaik hochsensibler Technik wird nach jedem Einsatz aus Sicherheitsgründen komplett zerlegt und wieder zusammengebaut – kein Wunder, dass der Raumgleiter nur wenige Male im Jahr starten kann. Die Europäer bringen mit ihren Ariane-Raketen längst mehr Satelliten ins All. Kein Wunder auch, dass sich die Wartungskosten des Shuttle ins Unermessliche steigerten.

Dafür musste man andernorts sparen. Etwa beim Antrieb. So hatten Experten, darunter der Raketenbauer Wernher von Braun, Schöpfer der Saturn-5-Rakete, Beschleuniger („Booster“) mit flüssigem Treibstoff vorgeschlagen. Die Nasa entschied sich für Feststoffbooster mit pulverisiertem Treibstoff – sie sind billiger. Und gefährlicher. Mit Feststoffboostern, sagte Braun, sei es wie mit einer Schachtel Streichhölzer: „99 brennen, das hundertste Streichholz bricht ab.“

Genauso kam es am 28. Januar 1986. 73 Sekunden nach dem Lift-off explodierte die „Challenger“. Das Shuttle hatte zuvor 38 Tage bei Minustemperaturen auf der Startrampe gestanden; Eiszapfen hingen an den Gerüsten. Die Gummidichtungsringe der Booster waren durch die Kälte schlicht spröde geworden.

Die Katastrophe fesselte die Raumfähren für zwei Jahre und acht Monate an den Boden. Eine Untersuchungskommission wurde ins Leben gerufen, und nach und nach kamen die gravierenden Defizite der Nasa ans Licht: Der Ausbildungsstand des Bodenpersonals erwies sich zum Teil als miserabel, auf Grund ständiger Kürzungen gab es zu wenig und zu unerfahrene Leute.

17 Jahre nach der Challenger-Katastrophe folgte der zweite Schock: Beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verglühte die „Columbia“ – der Albtraum war perfekt. Es folgte eine zweieinhalb Jahre dauernde Pause, in der wieder alles auf den Kopf gestellt wurde. Bei keinem der 118 Shuttle-Flüge davor hatte es so viele Untersuchungen gegeben. Das Ergebnis war ein erneuter Tiefschlag für die Nasa: Die Behörde sei nachlässig in Sachen Sicherheit gewesen, urteilte die Untersuchungskommission und stellte einen großen Forderungskatalog auf.

2005. Der Flug sei nun sicherer als alle anderen zuvor, stellte der Kommissionsvorsitzende Harold Gehmann fest. Die Raumfähre wurde runderneuert. Und doch wurde auch der diesjährige „Discovery“-Flug zum Zitterspiel. Wieder löste sich beim Start ein – wenn auch kleines – Teil der Isolierung. Aber die neu entwickelten Reparaturmöglichkeiten durch die Astronauten im Weltraum funktionierten. Die Besatzung unter Leitung von Eileen Collins kam heil zurück.

„Der Discovery-Flug war ein Erfolg“, sagt Sigmar Wittig, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln und des Beirats der Europäischen Weltraumagentur. Die Europäer sind offensichtlich „not amused“ darüber, dass der amerikanische Partner nun das Handtuch zu werfen droht. Zumindest eine Zeit lang seien Europäer, Japaner und Russen noch auf die Shuttle-Flüge angewiesen, um sperrige Labor- und Versorgungsmodule an die Raumstation ISS andocken zu können.

Die Amerikaner indes träumen schon weiter. Sie wollen wieder zum Mond – mit einer Kapsel wie zu Apollo-Zeiten. Und diesmal wollen sie auf dem Mond bleiben. Geplant ist ein Basislager – als Startrampe für einen Ausflug zum Mars.

1961 Saturn Saturn-Trägerraketen waren das Rückgrat der Apollo-Mondflüge.

1966 Apollo Die Apollo-Raumschiffe bringen Menschen auf den Mond. Letzter Flug: 1973

1973 Skylab Die erste und bisher einzige US-Weltraumstation bleibt für sechs Jahre und 58 Tage im All.

1981 Shuttle Die wiederverwendbaren Raumfähren ersetzten die Saturn-Raketen als Transporter ins All.

1998 ISS Der Aufbau der Internationalen Raumstation wurde durch den Absturz des Shuttle „Columbia“ 2003 verzögert.

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