zum Hauptinhalt

Gesundheit: Hochschul-Netzwerk: Büffeln im Schatten von Eiffelturm oder Big Ben

In der europäischen Union denkt man über Lokomotiven nach, die die Mitgliedsstaaten auf dem Weg zu einem vereinigten Europa mitreißen. Kann es auch Hochschulen geben, die diese Rolle übernehmen?

In der europäischen Union denkt man über Lokomotiven nach, die die Mitgliedsstaaten auf dem Weg zu einem vereinigten Europa mitreißen. Kann es auch Hochschulen geben, die diese Rolle übernehmen? Allein eine Europa-Universität in Florenz reicht nicht aus, um die Universitäten auf Europa einzustimmen. Denn das bedeutet, dass vor allem die Studenten europäisch ausgebildet werden müssen. Nun gibt es schon einige Fachhochschulen, Privathochschulen oder einzelne Studiengänge an Universitäten, die genau dies organisieren: den zeitweiligen Studienaufenthalt an Partneruniversitäten. Zudem gibt es bereits Versuche mit doppelten Abschlussexamen, die in Deutschland wie in Frankreich gelten.

Aber aus Einzelinitiativen soll mehr werden. Ein Kreis von Professoren, Bankern und Politikern hat jetzt ein Konzept für ein Netzwerk europäischer Universitäten entwickelt. Professor Meinolf Dierkes vom Berliner Wissenschaftszentrum, Konrad Schily, der ehemalige Leiter der Privatuniversität in Witten-Herdecke, der Banker Ekkehard Storck, der Rechtsanwalt Jürgen Büring von der Zeit-Stiftung und der einstige Staatssekretär im Kultusministerium von Mecklenburg-Vorpommern, Christoph Ehmann, haben ein Gutachten vorgelegt, wie ein europäischer Universitätsverbund organisiert werden könnte. Als Dachorganisation ist an die Gründung einer europäischen Universitätsstiftung mit Sitz in Luxemburg gedacht.

Diejenigen Universitäten aus Mitgliedsstaaten der EU, die sich dem Verbund anschließen wollen, treffen untereinander freie Vereinbarungen, wie sie in Lehre, Forschung und Dienstleistungen über Ländergrenzen hinweg zusammen arbeiten wollen. Sie verpflichten sich, Studienabschlüsse nur an jene Studenten zu vergeben, die einen Teil ihrer Leistungen an einer der anderen europäischen Universitäten erbracht haben. Das heißt vor allem, dass sie einen klar definierten Teil ihres Studiums auch in einer anderen als ihrer Muttersprache absolvieren müssen. Mindestens eine Universität aus jedem Land der EU soll sich an dem Verbund beteiligen.

Wider die Gängelung durch Behörden

Der geplante Verbund ist als Antwort darauf gedacht, dass in einer globalisierten Welt Kenntnisse einer anderen Kultur und Sprache immer wichtiger werden. Leider gilt bisher der Erfahrungssatz, dass ein Aufenthalt im Ausland die Studienzeit verlängert, weil die Studienpläne nicht aufeinander abgestimmt sind. Vorraussetzung für einen solchen Verbund wäre die Organisation des Studiums gemäß der Bologna-Erklärung der EU: Das heißt, eine Ausbildung in Bachelor- und Masterstudiengängen.

Innerhalb der einzelnen Länder - so lautet die Empfehlung - sollten die teilnehmenden Universitäten nicht länger durch die staatliche Verwaltung gegängelt werden. Für Deutschland bedeutet das zum Beispiel, dass die an dem Verbund teilnehmende Universität weitgehend autonom über die Gestaltung der Curricula, die Auswahl der Studenten, die Organisation, das Budget und das Personal entscheiden soll. So ist an eine strikte Begrenzung der Studentenzahlen gedacht: Pro Jahr sollen 4000 Studierende in Bachelor-Studiengängen und 3000 in Masterstudiengängen aufgenommen werden.

Als Rechtsform empfiehlt der Gutachterkreis die Umwandlung der teilnehmenden Universität aus Deutschland in eine Stiftung und Co KG auf Aktienbasis. Das Bundesland, in dem die Europa-Universität ihren Sitz hat, bringt als Eigentümer die Universität als Sacheinlage in die Kommanditgesellschaft ein. Das Land gründet eine Stiftung privaten Rechts mit der Folge, dass die Kommanditanteile auf Aktien ausschließlich beim Land liegen. In einem zweiten Schritt sollen dann Anteile an die Börse gebracht werden, um eine möglichst große Zahl von Bürgern an der Universität zu beteiligen.

Index-verdächtig: Europa-Uni-Aktien

Die Europa-Universität könnte dann von drei Organen geführt werden: einem Kuratorium der Stifter, einem Vorstand und einem Senat. Das Kuratorium setzt sich zu je einem Drittel aus Mitgliedern der Kommanditgesellschaft und der Uni zusammen. Das letzte Drittel besteht aus Mitgliedern, die beide Seiten stellen. Mit dem Akademischen Senat stimmt das Kuratorium ab, wie der Vorstand der Stiftung zusammengesetzt sein soll, denn der Vorstand der Stiftung bildet zugleich das Präsidium der Universität.

Die Europa-Universität wird durch einen Präsidenten geleitet, dem drei Vizepräsidenten zur Seite stehen. Je ein Vizepräsident steht einem Kompetenzbereich vor: Lehre, Forschung und Dienstleistungen. Als kleinste organisatorische Einheit der Unis sind nicht mehr Institute vorgesehen, sondern Kompetenzzentren.

Die Finanzierung der Universität soll sich aus öffentlichen und privaten Mitteln speisen. Für die öffentlichen Mittel wird die Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit sowie die Zahl der Absolventen als maßgeblich vorgeschlagen. Die Studenten müssen sich an den Kosten beteiligen, und zwar durch Gebühren, die sie direkt zahlen oder durch Darlehen. Die Darlehen müssen sie dann zurückzahlen, wenn sie ein entsprechendes Einkommen als Berufstätige erzielen. Es soll aber auch spezielle Stipendien geben. Während der Regelstudienzeit soll der Gesamtbetrag, den jeder Student aufzuwenden hat, bei 12 000 Mark liegen.

Uwe Schlicht

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false