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Gesundheit: Hochschulen sollen sich mehr Studenten selbst aussuchen

Berlin möchte in der Zulassungspolitik eigene Wege gehen. Seit langem fordern Bildungspolitiker, dass den Hochschulen bei der Auswahl der Studienbewerber in Fächern mit Zulassungsbeschränkung, dem so genannten Numerus clausus, ein Spielraum eingeräumt werden soll.

Berlin möchte in der Zulassungspolitik eigene Wege gehen. Seit langem fordern Bildungspolitiker, dass den Hochschulen bei der Auswahl der Studienbewerber in Fächern mit Zulassungsbeschränkung, dem so genannten Numerus clausus, ein Spielraum eingeräumt werden soll. Ziel ist es, eine Bestenauswahl zu ermöglichen, damit die Hochschulen je nach dem Profil ihrer Fächer auch die geeigneten Studenten bekommen.

In Fächern, die dem bundesweiten Numerus clausus unterliegen, sind die Länder an die Regelungen des Staatsvertrages gebunden und damit an die Auswahl der Studenten durch die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) nach Abiturnotendurchschnitt und Wartezeit. Beim lokalen Numerus clausus, der an jeder Hochschule anders aussieht, haben die Ländern einen größeren Spielraum. Berlin möchte über ein eigenes Zulassungsgesetz den Hochschulen die Chance eröffnen, künftig bis zu 50 Prozent der Studienplätze nach einem von den Hochschulen zu gestaltenden Auswahlgespräch zu vergeben. Beim bundesweiten Numerus clausus ist das bisher nur für 15 Prozent der Studienplätze möglich und nach dem künftigen Staatsvertrag nur für 20 Prozent der Studienplätze.

Der Vertreter der Landesrektorenkonferenz, Professor Helmut Schmidt von der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, trat bei der gestrigen Anhörung im Wissenschaftsausschuss den Bedenken der Oberstudiendirektoren, der Gewerkschaft GEW und der Studentenvertreter entgegen, dass es jetzt zu einer Abwertung des Abiturs kommen werde. Denn bereits bei der Auswahl derjenigen Bewerber, die zu dem Auswahlgespräch eingeladen werden, spiele die Abiturnote in bestimmten Fächern eine entscheidende Rolle. Weiterhin sollen die Motivation für ein bestimmtes Fach und eine Berufsausbildung ins Gewicht fallen.

Die Fachleute waren sich über die Aussagekraft eines solchen Auswahlgesprächs nicht einig. Professor Hans Westmeyer, erfahrener Psychologe in den Auswahltests für die Studienwahl, betonte, dass immer noch die Abiturnoten die solideste Voraussage für eine Studieneignung böten. Auf jeden Fall seien sowohl die Quoten der über ein Auswahlgespräch zuzulassenden Studenten je nach Fach unterschiedlich zu regeln. Je nach Fach könnte auch die Bewertung einer vorausgegangenen Berufsausbildung ausfallen. Westmeyer warnte vor dem hohen Zeitaufwand, der für solche Auswahlgespräche benötigt werde - nämlich nach einer jeweils halbstündigen Anhörung jedes Bewerbers erfordere die Vor- und Nachbereitung sechs Stunden pro Studienplatz.

Beim bundesweiten Numerus clausus sind nur 20 Prozent der Studienplätze Auswahlgesprächen der Hochschulen überantwortet. Dabei sollte es auch in Berlin bleiben, forderten die Sprecher der Opposition, Benjamin Hoff von der PDS und Bernhard Weinschütz von den Bündnisgrünen. Die Vertreterin der Berliner Landes-ASten-Konferenz, Anja Schillhaneck, erklärte, Zulassungsbeschränkungen seien ohnehin schon scharfe Eingriffe in die Freiheit der Berufswahl. Wenn sie jetzt durch nicht standardisierte Interviews noch beliebig gestaltet werden, gehe für die Studenten die Rechtssicherheit verloren. Der Vertreter der Vereinigung der Oberstudiendirektoren, Harald Mier, betonte, die Lehrer könnten während der zweijährigen Vorbereitung auf das Abitur in der Oberstufe die Schüler genauer beurteilen als Hochschullehrer in einem nur halbstündigen Interview.

Das Zulassungsgesetz muss im Mai oder Juni verabschiedet werden, wenn Berlin noch rechtzeitig den neuen Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen unterzeichnen will.

Uwe Schlicht

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