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Gesundheit: Humboldt-Uni unter Schock

Enttäuschung über Präsident Mlyneks bevorstehenden Abschied

Jürgen Mlynek, der Präsident der HumboldtUniversität, hat sehr gute Aussichten, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft zu werden. Diese Nachricht löste gestern in der Humboldt-Universität einen Schock aus und sprach sich wie ein Lauffeuer herum, obwohl darüber im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung des Akademischen Senats gesprochen worden war. Offiziell verlautete von der Pressestelle der Humboldt-Universität, die Findungskommission der Helmholtz-Gemeinschaft sei in der vergangenen Woche an Mlynek mit der Ankündigung herangetreten, ihn als einzigen Kandidaten für die Präsidentschaft der Gemeinschaft vorschlagen zu wollen.

Die Entscheidung über den neuen Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft fällt in einem zweistufigen Verfahren. Gestern schlug die Mitgliederversammlung, der Vertreter der fünfzehn Forschungszentren angehören, Mlynek vor. Der Senat der Gemeinschaft spricht in einer Sitzung am 3. Juni das letzte Wort. Anders als der Mitgliederversammlung gehören dem Senat auch Vertreter von Bund und Ländern sowie aus der Wirtschaft an. Dazu kommen Wissenschaftler von anderen Forschungsinstituten. Es ist kaum anzunehmen, dass es gegen Mlynek hier noch Einwände gibt. Für einen Naturwissenschaftler wie den Physiker und Leibniz-Preisträger Jürgen Mlynek wäre die Präsidentschaft der Helmholtz-Gemeinschaft eine Krönung seiner Karriere. Vor allem wäre Mlynek von allen Etatnöten und politischen Kämpfen mit dem Berliner Senat befreit.

Der Schritt kommt dennoch überraschend. Hatte doch Mlynek vor seiner Wiederwahl zum Präsidenten der Humboldt-Universität am 1. Februar dieses Jahres erklärt, er wolle die Humboldt-Universität in das 200-jährige Jubiläum im Jahr 2010 führen. Außerdem hatte er seine Wiederwahl als Schicksalsentscheidung für die Fortsetzung der Exzellenzkurses an der Humboldt-Universität ausgegeben.

Karl Max Einhäupl, der Vorsitzende des Wissenschaftsrats und Neurologe an der Charité, bedauert Mlyneks Schritt. Der scheidende Präsident habe es geschafft, die Universität im nationalen und im internationalen Wettbewerb „weiter nach vorne zu treiben“. Der Philosoph Volker Gerhardt zeigte sich „entsetzt und erschrocken“. Gerhardt hofft, dass sich Mlynek noch umstimmen lässt, denn „die für die Sichtbarkeit der deutschen Forschung wichtigere Aufgabe“ habe er an der Humboldt-Universität.

Der langjährige Vizepräsident und Alt-Humboldtianer, der Mathematiker Bernd Bank, äußerte trotz aller Enttäuschung Verständnis für Mlynek. Ob sich nun starke Professoren aus der Humboldt-Universität zur Wahl stellen werden, bezweifelt er. In Kreisen der Professoren heißt es jedoch, wenn ein so starker Platzhalter wie Jürgen Mlynek das Feld räume, verbesserten sich die Chancen für auswärtige Bewerbungen. Die Findungskommission muss vom Kuratorium erst eingesetzt werden. Die Stelle kann jedoch erst nach dem 3. Juni ausgeschrieben werden, weil zunächst die Entscheidung der Helmholtz-Gemeinschaft abgewartet werden muss. Sollte bis zum Ausscheiden Mlyneks am 31. August kein neuer Präsident gewählt worden sein, wird Jürgen Prömel, der derzeitige Vizepräsident für Forschung, das Präsidentenamt in Vertretung wahrnehmen.

Auch die Vizepräsidenten sind von Mlynek überrascht worden. Prömel sagte dem Tagesspiegel: „Ich bin sprachlos. Das ist eine Wendung, die wir uns vor Wochen nicht vorstellen konnten.“ Vizepräsident Frank Eveslage erklärte: „Ein Wechsel von Mlynek wäre ein herber Verlust für die Humboldt-Universität.“ Eveslage schildert die Reaktionen unter den Professoren, die Mlynek erst wiedergewählt hatten, so: „Einzelne waren regelrecht wütend.“ Vize-Präsident Heinz-Elmar Tenorth sprach „von einem schweren Schlag“ für die Universität.

Dass Mlyneks knappes Ergebnis bei den Präsidenten-Wahlen im Februar ihm seine Entscheidung erleichtert hat, glaubt Tenorth nicht: „Er hat das Wahlergebnis immer als Bestätigung gesehen, weil er gleich im ersten Wahlgang gewählt worden ist.“ Mlynek hatte bei den Wahlen 34 von 60 Stimmen im Konzil bekommen. Um gewählt zu werden, brauchte er 31 Stimmen. Sein Gegenkandidat, der Hamburger Politologe Michael Th. Greven bekam nur acht Stimmen. Auf Anfrage sagte Greven, er würde auf keinen Fall nochmal antreten. Nach den Erfahrungen, die er mit der Humboldt-Uni gemacht habe, sei er froh, nicht Präsident geworden zu sein.

Sebastian Zachow, RCDS-Konzilsmitglied und einziger Student, der bei den Wahlen für Mlynek gestimmt hatte, sagte: „Ich sehe mein Vertrauen missbraucht.“ Mlynek habe zum Zeitpunkt der Wahl sicher schon über seine Berufung an die Helmholtz-Gemeinschaft Bescheid gewusst.

Die Studentenvertreter wollen nun ebenfalls nach geeigneten Präsidentschaftskandidaten suchen. akü, -ry, U.S., tiw

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