zum Hauptinhalt

Gesundheit: Humboldt, was nun?

Die Suche nach einem neuen Präsidenten beginnt

An der Humboldt-Universität laufen am Tag nach dem angekündigten Rücktritt Jürgen Mlyneks die Vorbereitungen für die Wahl eines neuen Präsidenten. „Wir müssen den Weg zur neuen Präsidentenwahl möglichst schnell frei machen“, sagte die Kuratoriumsvorsitzende Evelies Mayer gestern dem Tagesspiegel. Der Neue solle am 1. September antreten.

Mlynek nannte den Abschied am Mittwoch „schmerzhaft“: „Die HU ist eine Institution, mit der man sich in besonderer Weise identifiziert“, sagte er. Er habe sich nach zwei Nächten Bedenkzeit Ende vergangener Woche jedoch für die neue Aufgabe entschieden: „Das schwierige finanzielle und politische Umfeld in Berlin war nicht ausschlaggebend.“

Schon am Freitag treffen sich die Professorengruppen, die Mlyneks Kurs unterstützt hatten, zur Beratung. Am 22. April wird das Kuratorium über die Präsidentenwahl beraten und den Ausschreibungstext beschließen. Wie berichtet hatte Mlynek am Dienstag im Akademischen Senat angekündigt, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft werden zu wollen, wenn diese ihn berufe. Am gleichen Abend hatte die Mitgliederversammlung der Wissenschaftsorganisation Mlynek als neuen Präsidenten vorgeschlagen.

Alles scheint darauf hinauszulaufen, dass die Universität einen Kandidaten aus den eigenen Reihen wählt. Vor allem suche man angesichts der schwierigen Situation in der Berliner Politik und der Bundespolitik nach einem Kandidaten, der sich nicht mehr lange einzuarbeiten braucht und der zugleich für Kontinuität sorgt, sagen Professoren. In Berlin steht der Streit um die Viertelparität in den Gremien bevor, und im Bund geht es um die Chancen im Elitewettbewerb. Die beiden Vizepräsidenten Frank Eveslage und Heinz-Elmar Tenorth sehen nach Gesprächen mit Universitätsangehörigen einen Trend, jetzt Kandidaten aus der Humboldt-Universität aufzustellen.

Wer könnte in Frage kommen? Sicherlich ein Vizepräsident wie Hans-Jürgen Prömel oder Heinz-Elmar Tenorth. Präsidiabel wären auch renommierte Wissenschaftsmanager wie der Charité-Professor Karl Max Einhäupl, der auch Vorsitzender des Wissenschaftsrats ist, oder der Vorstandsvorsitzende der Charité, Detlev Ganten. Zu den Professoren, die sich hochschulpolitisch im Akademischen Senat der Uni hervorgetan haben, gehören etwa die Germanisten Hartmut Böhme und Werner Röcke.

Der Schock über Mlyneks schnellen Weggang sitzt tief. Die Kuratoriumsvorsitzende Evelies Mayer sagt, sie sei von dem Schritt Jürgen Mlyneks, die Humboldt-Universität verlassen zu wollen, völlig überrascht worden. Die Helmholtz-Kandidatur sei zwar eine Ehre für die Humboldt-Universität und ein Zeugnis dafür, wie erfolgreich die Arbeit dieser Universität sei. Aber mit dem Wechsel stehe für die Humboldt-Universität viel auf dem Spiel. Günter Stock, Vorstand der Schering-AG und Mitglied des HU-Kuratoriums, sagte, die Universität verliere einen Präsidenten, der es verstanden habe, die HU in der bürgerlichen Öffentlichkeit zu verankern. Mlynek könne aber auch in seiner neuen Position viel für Berlin tun.

TU-Präsident Kurt Kutzler äußerte Verständnis dafür, dass Jürgen Mlynek der Herausforderung des Wechsels in die Helmholtz-Gemeinschaft nicht widerstehen kann. Aber für die Universität sei der Verlust groß. Mlynek sei für die beiden anderen Berliner Universitäten stets ein fairer Partner gewesen, der sich für gemeinsame Forschungsverbünde eingesetzt hat. Er hoffe auf eine Fortsetzung dieses Kurses unter seinem Nachfolger.

Wolf-Michael Catenhusen, Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, sagte auf Anfrage, die Helmholtz-Gemeinschaft habe „eine vorzügliche Wahl getroffen“. Das Bundesministerium werde die unter Mlynek aufgebaute enge Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität auch in Zukunft fortsetzen.

Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) sagte, er hoffe, Mlynek bleibe Berlin weiterhin verbunden.

Mlyneks plötzliches Umschwenken auf ein anderes Angebot erinnert an das Verhalten zweier bekannter Wissenschaftsmanager: Der SPD-Politiker Peter Glotz wurde 1999 Rektor der Uni Erfurt und wechselte kurz darauf zur Universität St. Gallen. Der Biologe Hubert Markl, den die Uni Konstanz 1995 zum Rektor gewählt hatte, entschied sich wie Mlynek wenig später für die außeruniversitäre Forschung und wurde Chef der Max-Planck-Gesellschaft.

Mlynek selber sah sich während seiner Kandidatur um eine zweite Amtszeit als Humboldt-Präsident offenbar noch einer weiteren Herausforderung gegenüber: Als ehemaliger Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wurde er schon seit Monaten als deren zukünftiger Präsident gehandelt, wenn die Amtszeit von Ernst-Ludwig Winnacker ausläuft. Im Februar dieses Jahres wurde Mlynek dann knapp als HU-Präsident wiedergewählt.

Uwe Schlicht, Anja Kühne (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false