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Waschen und desinfizieren. Ein absolutes Muss im Gesundheitswesen, wie hier im Klinikum Spandau. So können tödliche Infektionen vermieden werden.

© Stephanie Pilick/dpa

Hygiene: Es liegt auf der Hand

Adäquate Hygiene kann die Übertragung potenzieller Infektionserreger verringern.

Das Vorhandensein von Bakterien an uns und in uns ist nicht ungewöhnlich, ja sogar notwendig. Wichtig im Krankenhaus ist, dass die Bakterien, die eine Infektion hervorrufen können, nicht über die Hände des Personals zu den Patienten gelangen.

Eine adäquate Händehygiene kann die Übertragung potenzieller Infektionserreger minimieren und die Rate der im Krankenhaus erworbenen Infektionen senken. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in ihrer Kampagne „Clean Care is Safer Care“ die Einführung von Maßnahmen zur Steigerung der Händehygiene als eines der vorrangigen Ziele ausgerufen, um die Patientensicherheit zu verbessern.

Die Grundidee einer gezielten hygienischen Händedesinfektion geht auf den österreichisch-ungarischen Arzt Ignaz Semmelweis (1818 – 1865) zurück, der 1847 das Händewaschen mit Chlorkalkwasser zur Vermeidung des Kindbettfiebers einführte. Durch diese Maßnahme konnte er die Sterblichkeit der Wöchnerinnen senken. Diesen grundlegenden Stellenwert hat die hygienische Händedesinfektion bis heute nicht verloren. Sie stellt somit die wichtigste evidenz-basierte Einzelmaßnahme zur Vermeidung von Infektionen dar.

Handschuhe ersetzen keine Händedesinfektion

Eine korrekt durchgeführte hygienische Händedesinfektion setzt eine ausreichende Benetzung der gesamten Hand mit Desinfektionsmittel und eine ausreichend lange Einwirkzeit sowie Trocknung voraus. Schmuck an Fingern und Unterarmen steht ebenso wie lange lackierte oder künstliche Fingernägel einer effizienten Desinfektion im Weg.

Kritisch ist der Einsatz von Einmalhandschuhen zu sehen. Diese sind aus Gründen des Arbeitsschutzes bei zu erwartender Kontamination mit potenziell infektiösen Sekreten sinnvoll und müssen getragen werden. Das Tragen von Einmalhandschuhen ersetzt aber nicht die Händedesinfektion.

Leider verleitet im Alltag das Tragen von Handschuhen, wahrgenommen als Schutzmechanismus, dazu, sich nicht die Hände zu desinfizieren, wenn es erforderlich wäre. Der unkritische Einsatz von Einmalhandschuhen ist folglich abzulehnen. Des Weiteren müssen die Handschuhe gewechselt werden, sollte eine Händedesinfektion erforderlich sein.

Die WHO hat 2009 erstmalig definiert, wann eine Indikation zu einer Händedesinfektion gegeben ist. Sie ist demnach prinzipiell vor und nach dem Patientenkontakt erforderlich.

Bundesweite Kampagnen wecken Aufmerksamkeit

Die Akzeptanz, also die Compliance der Händedesinfektion ist allerdings noch optimierungsfähig; die Ursachen dafür sind vielfältig. Eine Verbesserung gelingt am ehesten, wenn viele Strategien verfolgt werden: Bundesweite und internationale Kampagnen, Poster und Schulungen vermitteln Wissen und wecken Aufmerksamkeit. Um das Wissen in die Praxis umzusetzen sind weitere Maßnahmen notwendig, etwa die Begleitung von Mitarbeitern während ihrer Tätigkeiten durch einen speziell geschulten Mitarbeiter der Krankenhaushygiene. Im direkt anschließenden persönlichen Gespräch wird das Vorgehen analysiert und gegebenenfalls Schwachstellen identifiziert.

Über das Benchmarktool HAND-KISS des Nationalen Referenzzentrums für Surveillance von nosokomialen Infektionen haben Kliniken die Möglichkeit, den eigenen Händedesinfektionsmittelverbrauch mit anderen zu vergleichen. Letztlich erreicht jedoch die Maximierung der durchgeführten Händedesinfektionen eine Grenze.

Ein in der Praxis auch langfristig erfolgreiches Konzept ist der umgekehrte Ansatz: Eine Minimierung der erforderlichen hygienischen Händedesinfektion. Dies kann trotz Vorgaben der WHO gelingen, indem man Arbeitsprozesse vor dem Hintergrund der Notwendigkeit der hygienischen Händedesinfektion optimiert.

Gute Hygienepraxis braucht klare Arbeitsabläufe

Durch gut strukturierte Arbeit, Standardarbeitsanweisungen für einzelne häufige Prozesse, wie zum Beispiel die Anlage eines peripheren Venenkatheters oder ein Verbandswechsel, kann eine Optimierung des Prozesses und eine Minimierung der erforderlichen hygienischen Händedesinfektion erreicht werden.

In der Konsequenz kann so bei Durchführung derselben Anzahl an hygienischer Händedesinfektion die Compliance ohne Mehrarbeit gesteigert werden. Nebenbei ergibt sich durch standardisierte Arbeitsabläufe eine insgesamt bessere Prozessgestaltung und letztlich Qualität der Patientenversorgung. Die Autorin ist Leiterin der Stabsstelle für Krankenhaushygiene und Infektiologie, Universitätsmedizin Göttingen

Simone Scheithauer

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