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Gesundheit: In vino sanitas?

Ein Gläschen Wein schützt vor Herzerkrankungen – geht uns aber zugleich an die Leber

„Der Wein“, schwärmte Plutarch (45 bis 125), „ist unter den Getränken das nützlichste, unter den Arzneien das schmackhafteste, unter den Nahrungsmitteln das angenehmste.“

Heutige Studien scheinen dem griechischen Philosophen Recht zu geben, zumindest was den heilenden Effekt des Weins betrifft: Ein Gläschen Rotwein am Abend senkt nachweisbar das Herzinfarktrisiko. Und wie man heute weiß, entfaltet nicht nur der Wein diese schützende Wirkung, sondern Alkohol im Allgemeinen. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite sieht gar nicht glänzend aus: Etwas Alkohol hilft zwar dem Herzen. Jeder Schluck jedoch erhöht zugleich die Gefahr, an rund 60 schlimmen Leiden zu erkranken, etwa: an Krebs im Bereich der Mundhöhle (siehe Infokasten).

Auch die Leber leidet, wie Forscher der State University of New York in Buffalo nun einmal mehr nachweisen konnten. Die Wissenschaftler untersuchten nahezu 3000 Probanden im Alter zwischen 35 und 80. Das Erstaunliche war: Nicht nur die Menge an Alkohol entscheidet über Wohl und Wehe der Leber, sondern auch „wie und wann man Alkohol zu sich nimmt“, wie Studienleiter Saverio Stranges sagt.

Dabei zeigten sich bemerkenswerte Geschlechtsunterschiede. Bei den Männern litt die Leber insbesondere unter täglichem Alkoholkonsum. Bei den Frauen dagegen hatten diejenigen die schlechtesten Leberwerte, die ihren Alkoholkonsum auf das Wochenende verlagerten. Die Untersuchung der New Yorker Wissenschaftler, die in der aktuellen Ausgabe des US-Fachblatts „Alcoholism: Clinical & Experimental Research“ veröffentlicht ist, ergab noch einen Geschlechterunterschied: Die Frauen, die den Alkohol zum Essen tranken, hatten etwas bessere Leberwerte als diejenigen, die ihn auf leeren Magen zu sich nahmen. Dieser Effekt war bei den Männern nicht vorhanden. Noch rätseln die Forscher darüber, wie sich diese Unterschiede zwischen Mann und Frau erklären lassen. Aber die Resultate könnten wichtige Folgen für die Empfehlungen haben, die man zum Alkoholkonsum abgibt.

Kann man noch guten Gewissens ein Glas Rotwein am Abend empfehlen? Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat da so ihre Zweifel, wie aus einem aktuellen Bericht hervorgeht. Wenn sich aus diesem ein allgemeines Fazit ziehen lässt, dann lautet es eindeutig negativ: Insgesamt erweist sich Trinken als fast genauso schädlich wie Rauchen. Zwar deuten viele epidemiologische Studien darauf, dass sich das Risiko verengter Herzkranzgefäße (koronare Herzerkrankung) bei einem Konsum von ein bis zwei Drinks am Tag um 20 bis 30 Prozent verringert. Wiegt man aber alle Für und Widers gegeneinander ab, so zeigt sich, dass „nur Männer über 45 und Frauen über 55 ihr allgemeines Gesundheitsrisiko durch moderates Trinken senken“, heißt es im Fachmagazin „Nature“ zum WHO-Bericht.

Jüngere profitieren also – unterm Strich – von Alkohol gar nicht. Außerdem kann jeder sein Herzerkrankungsrisiko wirksam senken, indem er mit dem Rauchen aufhört und sich mehr bewegt. Für über 50-Jährige gilt, dass ein (Frau) bis zwei Drinks (Mann) das Risiko von Herzgefäßleiden verringern. Ein Drink entspricht dabei 20 Gramm Alkohol. So viel hat etwa ein Glas Bier (0,5 Liter), ein Glas Wein (0,25 Liter) oder ein Schnaps (0,04 Liter).

„Es ist schwer, eine allgemeine Empfehlung abzugeben“, sagt auch der Ernährungsexperte Alexandr Parlesak von der Uni Hohenheim. „Insgesamt lässt sich vielleicht resümieren: Man sollte soviel Alkohol trinken, dass er einen nicht kontrolliert, sondern umgekehrt.“

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