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Kinder im Krankenhaus: Schnuppern gegen die Angst

Kinderkliniken tun viel, um ihren Patienten die Furcht zu nehmen. Worauf Eltern achten sollten, wenn sie mit ihren Kleinen ins Krankenhaus müssen.

Tränen kullern über ihre Wangen, die kleine Sarah hat starke Schmerzen. Mit Husten, Fieber und Atemnot fahren die Eltern ihre fünfjährige Tochter ins nächstgelegene Krankenhaus: die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin Lindenhof des Sana-Klinikums Lichtenberg. Auch dort hört das blonde Mädchen nicht auf zu weinen – vor Schmerzen, aber auch vor Angst, vor der Ungewissheit, was jetzt auf sie zukommt. Der Verdacht bestätigt sich: Lungenentzündung. Die Kleine muss auf jeden Fall in der Klinik bleiben, voraussichtlich für sechs Tage.

Ein Albtraum für jedes Kind. Fernab von Zuhause, von Mama und Papa, dem eigenen Bett, den Spielsachen, herausgerissen aus der bekannten Umgebung. Eine schlimme Vorstellung auch für die Eltern. Doch die Kinderkliniken in Berlin versuchen, es ihren jungen Patienten so angenehm wie möglich zu machen und bieten eine umfassende ärztliche, pflegerische, psychische und auch soziale Betreuung erkrankter Kinder und Jugendlicher an. Eine davon ist der Lindenhof in Lichtenberg. Sie ist die größte Kinderklinik Berlins, mitten im Grünen gelegen.

Volker Stephan, selbst Vater von zwei mittlerweile erwachsenen Söhnen, ist seit über zwei Jahren Leiter und Chefarzt der Klinik Lindenhof. Jährlich sind hier rund 6000 stationäre und 16 000 ambulante Patienten mit allen Erkrankungen von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr in Behandlung – und bei bestimmten Gesundheitsproblemen auch über dieses Alter hinaus. „Die häufigsten Erkrankungen im Kinder- und Jugendalter sind Infektionen der Atemwege und des Magen-Darm-Traktes, Schädel-Hirn-Traumata, aber auch chronische Erkrankungen wie Diabetes, Epilepsie oder Asthma“, sagt Chefarzt Stephan. Durchschnittlich müsse ein Kind drei Tage in der Klinik bleiben.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie haben besondere Bedürfnisse und brauchen spezielle Zuwendung. „Generell sollten sie von auf die Kinderheilkunde spezialisierten Ärzten behandelt werden“, sagt Fred Zepp, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Entscheidend für die Kinderfreundlichkeit einer Klinik sei ihr für Kinder und Jugendliche maßgeschneidertes medizinisches Angebot, vor allem aber die kompetente, medizinische Betreuung.

Der Lindenhof zum Beispiel bietet neben der medizinischen Betreuung und der geeigneten technischen Ausstattung, kindgerechte Räumlichkeiten und ein abwechslungsreiches Programm: Spielzimmer, Bastel- oder Vorlesestunden, einen Kinderspielplatz, ein Trampolin, eine Kletterwand, einen Saunabereich, große Grünflächen zum Spielen und regelmäßige Besuche von den beliebten Klinik-Clowns. „Gesunde Kinder können sich krank lachen – und Kranke gesund“, sagt der Chef des Lindenhofs.

Die Inneneinrichtung der Kinderklinik ist hell und freundlich. Stationen, Gänge und Zimmer sind lichtdurchflutet, an den Wänden hängen bunte Malereien mit Fantasiefiguren, die Unsinn machen. Die Mahlzeiten werden altersentsprechend zubereitet, Eltern können ihre Kinder jederzeit besuchen und auch bei ihrem Kind in der Klinik übernachten – Rooming-in lautet der Fachausdruck.

„Ein weiterer emotionaler Anker ist die sogenannte Bezugspflege“, so der Chef der Kinderklinik. Über einen längeren Zeitraum betreut immer die gleiche Schwester ein Kind. Ein Sozialdienst bietet den betroffenen Familien außerdem Hilfe an. Diese Zusatzangebote schaffen Vertrauen, stärken Hoffnung und Lebensmut. „Um eine kinderfreundliche Klinik zu sein, zählen nicht nur rein medizinische Aspekte, die erkrankten Kinder müssen in ihrer Gesamtheit wahrgenommen werden“, sagt Chefarzt Stephan.

In seiner Klinik – wie in den anderen Berliner Kinderzentren auch – helfen dabei speziell ausgebildete Physio- und Ergotherapeuten, Psychologen, Logopäden, Musik- und Kunsttherapeuten, Erzieher für die Spielzimmer und den Snoezelenraum.

Snoezelen, das ist eine Wortsynthese aus den niederländischen Bezeichnungen für „Schnuppern“ und „Schlummern“. Dahinter verbirgt sich ein bewährtes therapiebegleitendes Konzept zur Sinnes- und Wahrnehmungsförderung der Patienten. Die Kinder entfliehen ihrer Krankheit, träumen sich in Fantasiewelten, begleitet von angenehmen Klängen, Lichteffekten und Düften – ein Kinderreich für alle Sinne.

Um aus dem belastenden Klinikalltag auszubrechen, dürfen die Eltern ihre Kinder dabei gern auch begleiten. Die fachmännische Einrichtung, Pflege und Betreuung des Snoezelenraums wird durch Spenden finanziert, für solche Zusatzinvestitionen gibt es kein festes Klinikbudget. „Gerade für chronisch kranke Kinder oder Kinder mit einem längeren stationären Aufenthalt sind solche zusätzlichen Angebote enorm wichtig und hilfreich für eine angenehme, kindgerechte Behandlungsdauer“, sagt Volker Stephan.

Und auch die fünfjährige Sarah profitiert von den zahlreichen Kinderangeboten. Die Eltern sind beruhigt, anfängliche Unsicherheit, Angst- und Ohnmachtsgefühle schwinden. Ihre kleine Tochter wird medizinisch versorgt durch möglichst schmerzarme, kinderfreundliche Behandlungsmethoden.

Das belegt neuerdings auch ein Gütesiegel, das an Kliniken in Deutschland verliehen wird. Eltern können die Strukturqualität einer Kinderklinik seit kurzem daran erkennen, ob sie mit dem Gütesiegel „Ausgezeichnet für Kinder“ zertifiziert ist. Zurzeit jedoch erfasst dieses Bewertungsmodell noch nicht die gesamte Anzahl der Kliniken mit ihrem Spektrum. So gibt es auch in Berlin Kinderkliniken, die ausgezeichnete Qualität leisten, sich aber noch nicht für dieses Gütesiegel beworben haben oder sich gerade in der Bewerbungsphase befinden. „Grundsätzlich ist jede fach- und sachgerechte Information zum Profil einer Klinik zu begrüßen“, sagt der Präsident der Fachgesellschaft Zepp.

Unabhängig von solchen Auszeichnungen aber ist die Klinik empfehlenswert, die das individuell erforderliche medizinische und pflegerische Profil für das jeweilige Kind erbringt – da sind sich auch die Chefärzte für Kinder- und Jugendmedizin der Berliner Kliniken allesamt einig.

Bei der Wahl einer passenden Kinderklinik im Krankheitsfall ist zudem die Einschätzung des einweisenden Kinder- und Jugendarztes entscheidend, der die Bedürfnisse seiner Patienten fachlich zu bewerten weiß. Insgesamt sollte schon die Kennzeichnung eines Hauses als Kinderklinik oder -abteilung ein hoch qualifiziertes Leistungsangebot und eine entsprechend kindgerechte, kinderfreundliche Ausstattung voraussetzen.

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Sophie Guggenberger

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