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Für Odlanier Solis war der Kampf gegen Witali Klitschko schnell beendet.

© dpa

Kolumne zu Sportverletzungen: Dr. Dollas Diagnose (4)

Einst behandelte der Berliner Orthopäde Dr. Thorsten Dolla die Spieler von Hertha BSC, für uns schreibt er in seiner Kolumne "Dr. Dollas Diagnose" über medizinische Risiken im Sport. In der aktuellen Folge geht es um eine schwere Knieverletzung.

In der Nacht zum Sonntag hat sich der Boxer Odlanier Solis im Kampf gegen Witali Klitschko eine folgenschwere Knieverletzung zugezogen. Die Untersuchungen in der Kölner Uni-Klinik noch in der Nacht ergaben folgende Diagnose: Riss des vorderen Kreuzbandes, Meniskusriss und Knorpelschaden. Hört sich ein bisschen viel an für ein Knie. Welche Verletzung ist die schwerwiegendste? Wird Solis wieder boxen können?

Es handelt sich hierbei um keine typische Boxerverletzung. Solche Rotations-Traumata kennt man vor allem von Spielsportarten wie Fußball, Handball oder Hockey, die ihre Ursache im Zweikampf haben. Nicht selten kann ein Athlet aber auch ohne Gegnereinwirkung mit seinen Stollenschuhen im Rasen hängen bleiben und sich dabei das Knie verdrehen, um mal beim Fußball zu bleiben. Aber auch vom Skifahren kennen wir diese Verletzungsart.

Bei der Verletzung von Solis sind viele Strukturen im Knie kaputtgegangen. Häufig kommt es sehr rasch nach dem Unfall zu einem Erguss im Kniegelenk. In jedem Fall ist das Knie sehr schmerzhaft und bewegungseingeschränkt. Eine Instabilität im Gelenk kann subjektiv wahrgenommen werden. Im konkreten Fall kam es ganz sicher in Folge einer Schlagwirkung zu diesem Drehtrauma im Knie. Im Moment des Treffers hatte Solis keinen festen Stand, er verlor wohl kurz die Orientierung und verdrehte sich das Knie.

Dr. Thorsten Dolla schreibt regelmäßig für den Tagesspiegel über Sportverletzungen.
Dr. Thorsten Dolla schreibt regelmäßig für den Tagesspiegel über Sportverletzungen.

© promo

Weiterhin muss auch berücksichtigt werden, dass es sich um einen Schwergewichtler handelt, der über 110 Kilogramm auf die Waage brachte! Da wirken entsprechend massive Kräfte auf das Knie. Das Kniegelenk erhält seine Stabilität nicht ausschließlich über den Kapsel-Bandapparat, sondern bezieht sie auch aus dem Zusammenspiel mit den Muskeln.

Nach der Kernspinuntersuchung wird demnächst eine Arthroskopie durchgeführt. Dabei wird das Knie unter Narkose mit einer Optik untersucht. Während eine Meniskusverletzung arthroskopisch versorgt werden kann, wird bei einer kompletten vorderen Kreuzbandverletzung und einer vorhandenen Instabilität gegebenenfalls eine Kreuzbandplastik durchgeführt.

Das würde bedeuten, dass der Patient mindestens ein halbes Jahr keinen harten Wettkampf bestreiten dürfte. Diese Art der Versorgung nimmt zwar die meiste Zeit in Anspruch, garantiert aber auch die größtmögliche Stabilität. Darauf kommt es gerade bei Leistungssportlern an. Früher hat eine solche Verletzung meist das sichere Karriereende bedeutet. Heute ist die Medizin viel weiter. Eine konservative Behandlung ist nicht auszuschließen. Hierbei würde man alternativ den Oberschenkelmuskel aufbauen und das Zusammenspiel von Muskel sowie Kapsel-Bandapparat trainieren. Wissenschaftliche Untersuchungen haben aber ergeben, dass bei einer Instabilität im Knie, die häufig bei nicht operativ versorgten Kreuzbandverletzungen entstehen, Knorpelschäden in den Folgejahren entstehen können. Besonders bei Leistungssportlern muss nach gründlicher Diagnostik aber auch unter Berücksichtigung des Alters eine optimale Therapie durchgeführt werden. Häufig ist diese eine vordere Kreuzbandplastik, d.h. Operation.

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