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Gesundheit: Kommentar: Schwache Abwehr

Die Militärtechnik ist seit Jahrzehnten von einer Einsicht geprägt: Angriffswaffen sind allen Verteidigungssystemen weit überlegen. Nichts verdeutlicht dies so sehr wie die Wirkung von Atomsprengköpfen.

Die Militärtechnik ist seit Jahrzehnten von einer Einsicht geprägt: Angriffswaffen sind allen Verteidigungssystemen weit überlegen. Nichts verdeutlicht dies so sehr wie die Wirkung von Atomsprengköpfen. Die Detonation einer einzigen Nuklearrakete könnte Hundertausende Menschen das Leben kosten. Die Drohung mit einem ebensolchen Gegenschlag galt daher lange als sicherster Schutz vor vermeintlichen Aggressoren.

Nun aber erhebt die Verteidigung lautstark das Wort: Ein Schutzschild soll her, der jede Rakete frühzeitig erkennt und vor dem Einschlag vernichtet. George Bush will ihn errichten - getrieben von einer in den USA populären, aber mehr als zweifelhaften technologischen Vision. Forscher jedenfalls können den ersehnten Verteidungswall nicht am Horizont erkennen, wie nun wieder im amerikanischen Fachblatt "Science" zu lesen ist. Fazit: Eine wirklich sichere Raketenabwehr ist auf absehbare Zeit nicht möglich. Nichts als Augenwischerei.

Bereits Ronald Reagan schwebte Anfang der 80er Jahre mit seinem SDI-Projekt eine weltraumgestützte Raketenabwehr vor. Damals wie heute war der Wunsch nach Unverwundbarkeit der Vater des Gedankens. Technologische Hybris, mit der sich in den USA gut Stimmung machen ließ.

Einen Testfall bot der Golfkrieg. Man feierte eine "100prozentige Trefferqoute" der Patriot-Abfangraketen. Doch sie hatten gegen die maroden Scud-Raketen des Irak fast völlig versagt, wie sich später herausstellte.

Auch modernere US-Abwehrraketen, die während der Regierungszeit Bill Clintons getestet wurden, verfehlten meist ihre Ziele - und das unter äußerst günstigen Bedingungen. Man erkannte schnell, dass solche Raketen gegen ein wenig trickreiche Angreifer völlig wirkungslos bleiben würden.

US-Präsident George Bush hält trotzdem an den Raketenplänen fest. Er gibt sogar vor, ein noch ambitionierteres Projekt in der Tasche zu haben als sein Vorgänger. Sein Land kann sich derweil einzig und allein in der Sicherheit wiegen, dass die Verteidigungs-Ausgaben in den kommenden Jahren steil in die Höhe schnellen werden.

tdp

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