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Gesundheit: Kommentar: Wer sitzt, stirbt

Bisher waren es nur Vermutungen. Bald wird es Gewissheit: Auch Sie leben mit dem tödlichen Risiko.

Bisher waren es nur Vermutungen. Bald wird es Gewissheit: Auch Sie leben mit dem tödlichen Risiko. Auch Sie werden von der Thrombose bedroht. Ach, sie fliegen gar nicht? Das wird Ihnen leider nichts nützen! Nachdem eine Studie des Krankenhauses von Ashford zu dem Ergebnis kam, dass in London jeden Monat mindestens ein Passagier kurz nach der Landung an Venenthrombose stirbt, die sich durch Bewegungslosigkeit im Sitzen und angewinkelte Beine entwickelte, dürfte nun auch der Rest unserer Zivilisation auf thrombosefördernde Bedingungen hin durchsucht werden.

Man weiß jetzt schon: das Ergebnis wird fürchterlich sein. Lastwagenfahrer, die bisher unter höchster Lebensgefahr - im Sitzen nämlich - über die Straßen bretterten, werden plötzlich auf die Bremse treten, und wir kriegen keine Milch mehr. Die Fabrikarbeiter, die bislang im Sitzen die Bauteile für unsere Fernseher und Rasierapparate zusammenzuschrauben pflegten, werden den Aufstand proben. Nicht zu reden von den Kassiererinnen! Die Supermärkte werden die Waren gratis abgeben müssen, da die Kassiererinnen akut von Kassiererinnenthrombose bedroht sind.

Busfahrer werden ihre Busse einfach an der nächsten Ecke stehenlassen, sobald sie ein Stechen im Unterschenkel spüren. Zahnärzte werfen ihren Bohrer in die Ecke und gehen joggen. Renten werden nicht mehr überwiesen, da die Sachbearbeiter plötzlich so ein komisches Gefühl im Bein haben. Der Direktor des flugmedizinischen Instituts in Oxford, Farrol Kahn, weist auf Studien hin, die vermuten lassen, dass nicht nur auf Langstreckenflügen, sondern auch bei kurzen Luftreisen die Gefahr einer Thrombose besteht. Daraus lässt sich folgern, dass auch Teilzeitarbeit nicht helfen dürfte.

Das wird aber noch längst nicht alles sein. Sie werden ohne Zeitung am Frühstückstisch sitzen (oder vielleicht doch lieber stehen); wer sitzt, stirbt - dieses Gesetz gilt nämlich auch in den Zeitungshäusern. Thrombose droht uns an jedem Tisch zu überfallen - am Nussbaum-Sekretär in der Chefredaktion genauso wie an der Pressspan-Holzplatte des freien Mitarbeiters. Vor der Thrombose sind wir alle gleich. Geben wir uns also lieber gleich die Kugel - oder finden wir ein Mittel gegen die kollektive Thrombose-Neurose.

Tom Heithoff

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