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Gesundheit: Kultur der Gewalt

Angesichts der vielen Krisenherde weltweit kämpft das Internationale Rote Kreuz um Spenden

Das Gemetzel in Kolumbien dauert seit Jahrzehnten, die Armee auf der einen – Guerillaverbände wie die FARC auf der anderen Seite. Hinzu kommen noch die Todesschwadronen, die in den Städten regelrecht Jagd machen auf Gewerkschafter, Politiker der Linken und Straßenkinder. Zu den Opfern des Bürgerkriegs gehören außerdem Bauern und Angehörige der indianischen Minderheit.

Eine schwere Situation für eine Hilfsorganisation. Das Internationale Rote Kreuz ist in Kolumbien mit 230 einheimischen und 61 ausländischen Mitarbeitern präsent und will in diesem Jahr knapp 35 Millionen Schweizer Franken bereitstellen. Das Geld wird unter anderem ausgegeben, um die Folgen des Bürgerkriegs für die Bevölkerung zu lindern.

Spenden zu sammeln für Staaten, die gerade nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen, ist keine leichte Aufgabe, sagt Anne Petitpierre, die Vizepräsidentin des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes. Anne Petitpierre ist Professorin an der Juristischen Fakultät der Universität Genf. Bei einem Kolloquium der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, der Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck und der Deutschen Stiftung Friedensforschung über „Kriegsfolgen“ sprach Petitpierre über das Wesen der Gewalt im 21. Jahrhundert. „Viele Leute vergessen, dass Konflikte beispielsweise in Afrika und in der ehemaligen Sowjetunion noch andauern.“

Dort müsse das Rote Kreuz allerdings ebenso präsent sein wie im Irak, für das die Organisation in diesem Jahr ein Budget von 111 Millionen Schweizer Franken veranschlagt hat. Im Irak sind derzeit mehrere hundert Mitarbeiter des Roten Kreuzes tätig, Krankenschwestern, Ärzte, Ingenieure: „Ihr Augenmerk gilt der Wasserversorgung und dem Bau von Notunterkünften“, berichtet Petitpierre. „Außerdem unterstützen unsere Mitarbeiter die Menschen, die während des Krieges den Kontakt zu ihren Verwandten verloren haben.“ Kriege, hob Petitpierre hervor, begännen nicht erst dann, wenn die Waffen sprechen. Die Konflikte hätten tief greifende historische Wurzeln. Schwerer noch als der Wiederaufbau der Infrastruktur und das Überwinden von Elend und Krankheit sei für die Kriegsopfer der Verlust von Rechtsstaatlichkeit, von Identität und Würde, so Anne Petitpierre.

In Kolumbien beispielsweise sprechen Mitarbeiter verschiedener Nichtregierungsorganisationen von einer „Kultur der Gewalt“.

Längst haben die Bürger das Vertrauen in den Staat verloren, der korrupt ist und die Folterung von Gefangenen zugelassen hat. Es fehlt dort eine Autorität, die den Friedensprozess vorantreiben kann. Ohne internationale Hilfe wird es kaum jemals gelingen, den Bürgerkrieg zu beenden.

Josefine Janert

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