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Gesundheit: Kunst gegen die Abrissbirne

Auf dem Polizeirevier Marzahn-Hellersdorf klingelten Mitte dieser Woche die Telefone heiß: Der Grund für die Besorgnis zahlreicher Anwohner war ein Stofftransparent, das über Nacht in luftiger Höhe zwischen zwei Plattenbauten gespannt worden war: „ www.anschlaege.

Auf dem Polizeirevier Marzahn-Hellersdorf klingelten Mitte dieser Woche die Telefone heiß: Der Grund für die Besorgnis zahlreicher Anwohner war ein Stofftransparent, das über Nacht in luftiger Höhe zwischen zwei Plattenbauten gespannt worden war: „ www.anschlaege.de " stand dort in großen Lettern zu lesen. Die Beamten konnten die nervösen Anrufer beruhigen. Denn das Schriftstück stammt von Studierenden der Kunsthochschule Berlin-Weißensee (KHB), die im Rahmen des Projekts „dostoprimetschatjelnosti - Sehenswürdigkeiten" für drei Monate in einem der Elfgeschosser wohnen. 50 Kunststudierende aus 17 Ländern sind vorübergehend in einen Plattenbau gezogen, um neue Formen des urbanen Lebens „im Spannungsfeld von Abriss und Popkultur" zu testen. Anschläge sind nicht zu befürchten. Höchstens ein Eingriff in die Monotonie. Der der Homepage verweist auf einen Plakatwettbewerb von vor zwei Jahren.

Heute lauten die Fragen: Welches Potenzial birgt der wachsende Leerstand in den Berliner Großsiedlungen? Wie lassen sich Treppenhäuser anders nutzen, Wohnräume neu gestalten, Kommunikationsebenen schaffen? Wie können Wohnen und Arbeiten in besseren Einklang gebracht werden? Welche Rolle kann die Kunst dabei spielen? „Es ist ein Projekt mit offenem Ausgang", räumt Steffen Schuhmann ein, der das Projekt zusammen mit seinen Kommilitonen Axel Watzke und Christian Lagé ins Leben gerufen hat: „Niemand weiß, ob wir am Ende nicht selbst für die Abrissbirne votieren." Ein Termin für den Abriss der kostenschluckenden Gebäude wurde zunächst auf unbestimmte Zeit vertagt.

Einigen Anwohnern sind die neuen Nachbarn noch suspekt. Aber nach der Aufregung über das Banner entwarfen die Studenten spontan ein Schreiben, das sie in den Briefkästen verteilten. Für Besucher ist auf der zweiten Etage eine Galerie, eine Art Informationsstelle, eingerichtet. „Die älteren Leute erweisen sich als wesentlich offener," erzählt die Regisseurin.

Getragen wird das Projekt von der Mart Stam Gesellschaft Berlin. Das Gebäude stellte die Münchner Baugesellschaft Berlin GmbH den Studierenden kostenlos zur Verfügung. Die Kosten für Strom und Wasser müssen von Sponsorengeldern abgedeckt werden. Wegen der fehlenden Warmwasserversorgung ist das Projekt zunächst auf den Sommer beschränkt. Bis dahin entschädigt der allabendliche Blick auf den Sonnenuntergang vom elften Stock. Dorte Huneke

Die offizielle Eröffnungsparty findet am Freitag, 28. Juni, statt, eine Führung durch das Haus beginnt um 20 Uhr 30. Bis zum 30.August finden wöchentlich zwei Veranstaltungen statt. Mehr unter: www.anschlaege.de . Hellersdorfer Str. 173, Nähe U-Bahnhof Cottbusser Platz.

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