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Gesundheit: Lange Nacht der Wissenschaften: Es könnte ein echter Rubens sein

Das Rathgen-Forschungslabor der Berliner Museen ist sehr klein und liegt gut versteckt in einem Seitenflügel des Bröhan-Museums am Schloss Charlottenburg. Gegenüber, im Ägyptischen Museum, stand die große Flügeltür während der Langen Nacht der Wissenschaften niemals still, die Besucher gaben sich die Klinke in die Hand.

Das Rathgen-Forschungslabor der Berliner Museen ist sehr klein und liegt gut versteckt in einem Seitenflügel des Bröhan-Museums am Schloss Charlottenburg. Gegenüber, im Ägyptischen Museum, stand die große Flügeltür während der Langen Nacht der Wissenschaften niemals still, die Besucher gaben sich die Klinke in die Hand. Im Rathgen-Labor ging es stiller zu, doch auch hier stauten sich die Besucher. Viele hatten eigene Kunstobjekte mitgebracht, um sie auf ihre Echtheit prüfen zu lassen.

Diesen Service für alle Berlinerinnen und Berliner gab es nämlich nur in dieser Nacht. Und der Chef selbst ließ es sich nicht nehmen, jeden Gast persönlich zu begrüßen. Seit 1974 leitet Josef Riederer das Institut, in dem die Kunstschätze der Berliner Museen mit Hilfe von naturwissenschaftlichen Methoden auf ihren Wert und ihre Originalität hin überprüft werden. Fälscher auf der ganzen Welt fürchten sein Urteil, für Kunstfreunde gilt er als unbestechliche Instanz.

Zum Thema Programm: Termine und Höhepunkte der Langen Nacht der Wissenschaften "Wir brauchen ungefähr eine Woche, um uns die Gemälde und Gefäße näher anzusehen", versprach Riederer. "Dann können wir schon erste Aussagen zur Echtheit machen." In einem eigens abgesperrten Raum stapelten sich die Mitbringsel der Berliner - vom historischen Ölgemälde bis zur aufwändig gearbeiteten Ikone. Josef Riederer zeigte auf eine karge Landschaft, in blassem Pastell gehalten. "Sehen Sie, das hier könnte ein Bild des Malers Karl Hofer sein", mutmaßt er. "Anhand der Pigmentproben können wir feststellen, ob es tatsächlich von Hofer stammt." Er nimmt ein anderes Gemälde zur Hand, mit wuchtigem Goldrahmen. "Die Dame, die uns dieses Bild brachte, will wissen, ob es ein Rubens ist oder wenigstens aus dieser Zeit stammt", erläutert er. "Das ist für uns interessant, denn wir können aus der Analyse der Farben ableiten, ob sie den von Rubens verwendeten Farben ähneln."

Viel Zeit für detaillierte Erklärungen hat der Professor an diesem Abend nicht, denn auf dem Flur wartet schon wieder eine Kunstfreundin mit schwerer Tragetasche. Auch dieses Mal geht es um ein Gemälde, "möglicherweise ein echter Monet", wie seine Besitzerin vorsichtig meint. Der Rest dieses Gesprächs ist vertraulich, der Professor bittet seine Besucherin in eine eigens für diesen Zweck reservierte Sitzecke.

So alt wie die Kunst ist auch die Kunst der Fälschung. Zur Langen Nacht der Wissenschaften öffnete das Rathgen-Labor sein gut gehütetes Archiv, zeigte die Tricks der Fälscher und ihre Entlarvung. Dabei spielen neueste Erkenntnisse der Materialforschung eine immer wichtigere Rolle. Zudem greifen auch die Archäologen immer häufiger auf die Erkenntnisse über Metallgewinnung und Materialbearbeitung in der Antike zurück. Archäometrie nennt sich dieser noch junge Zweig der Wissenschaft. Um etwa einen alten chinesischen Messingkrug zu bestimmen, bohrt Riederer ein kaum sichtbares Loch in die Wandung. Die Späne gehen ins Labor, werden dort durch das Mikroskop betrachtet, mit feinen Detektoren analysiert, mit Spektrometern und Rasterelektronenmikroskopen auf ihre Bestandteile und Beschaffenheit hin untersucht.

Auf diese Weise konnte das Rathgen-Forschungslabor nachweisen, dass einige scheinbar aus dem dritten Jahrtausend vor Christus stammenden Bronzeköpfe aus Mesopotamien erst viel später entstanden. Rein äußerlich ähnelten die Skulpturen verblüffend jener fernen Epoche. Doch die Untersuchung der Bronze förderte einige Isotope von Blei zu Tage, die erst in Lagerstätten der Neuzeit erschlossen wurden. So kunstvoll die Köpfe ausgeführt waren, sie erwiesen sich als gekonnte Fälschung.

Auch bei Glas, Email, Holz, Farben, Stein, Kerzenwachs und sogar Papier lassen sich solche Verfahren anwenden. Auf diese Weise kam die Fälschung der Tagebücher Hitlers ans Licht. Obwohl die Kladden nur wenige Jahrzehnte jünger waren als das angebliche Original, konnten die Experten zeigen, dass es die zur Fälschung verwendeten Materialien zu Hitlers Zeit noch gar nicht gab.

Heiko Schwarzburger

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