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Gesundheit: Lange Nacht der Wissenschaften: Mehr Bewegung in den Schulpausen. In Berlin-Buch stellten Genetiker und Mediziner neueste Ergebnisse vor

Ungewöhnliche Betriebsamkeit: Normalerweise liegt der S-Bahnhof Berlin-Buch am Wochenende wie ausgestorben. Zur Langen Nacht der Wissenschaften fanden jedoch zahlreiche Neugierige den Weg in den Nordosten Berlins.

Ungewöhnliche Betriebsamkeit: Normalerweise liegt der S-Bahnhof Berlin-Buch am Wochenende wie ausgestorben. Zur Langen Nacht der Wissenschaften fanden jedoch zahlreiche Neugierige den Weg in den Nordosten Berlins. Zwischen den Bahnhöfen Schönhauser Allee und Bornholmer Straße pendelte ein Ersatzbus - wer zum biomedizinischen Campus rund um das Max-Delbrück-Centrum strebte, musste also Stehvermögen mitbringen. Am S-Bahnhof Buch standen jedoch Shuttle-Busse bereit, von da an ging es flott voran.

In den Bussen erläuterten hilfsbereite Betreuerinnen das Programm. Mehrere Hundert Schaulustige ließen sich von den Biologen und Medizinern der Kliniken und Forschungsinstitute durch die Labors auf dem Campus führen. Am Infozelt stauten sich die Wartenden. "Man hat ja überhaupt keine Ahnung, was die hier so machen", meinte eine rüstige Rentnerin, die aus Berlin-Mitte gekommen war, um einen Blick hinter die Kulissen der molekularen Medizin zu werfen. Dazu schloss sie sich einer Führung zum Thema "Neue Diagnoseverfahren für Tumore" an.

Auch in der Mensa und in der Bibliothek liefen Ausstellungen oder Kunstprojekte. Chirurgen führten durch den virtuellen Operationssaal im Cyberspace. In der benachbarten Franz-Volhard-Klinik der Charité drehte sich alles um moderne Diagnose und Therapie von Herzkrankheiten. Neugierige drängten sich auch im Gläsernen Labor, wo die Besucher selbst Hand anlegen durften: Mit Kochsalzlösung, Pürierstab und Spülmittel gewannen sie die Erbsubstanz (DNS) aus Früchten. Dabei ging es zu wie in einer Alchemistenküche. "Bitte vorsichtig umrühren, damit sich die Schweinerei in Grenzen hält", mahnte Christian Unger. Der Biochemiker leitete die Experimente und nutzte die Pausen, um Wissenswertes über die DNS unter die Leute zu bringen.

Im benachbarten Gentechnik-Labor standen etwa 50 Besucher in weißen Kitteln, um unter fachkundiger Anleitung einen "genetischen Fingerabdruck" herzustellen. Auch im großen Hörsaal im Oskar-und-Cecile-Vogt-Haus gingen bis Mitternacht die Lichter nicht aus. Während des ganzen Abends war der Hörsaal gut gefüllt. Dort stellten sich Experten den kritischen Fragen des Publikums. In seinem Vortrag über Stammzellen gelang es beispielsweise dem Zellbiologen Gerd Kempermann, die schwer verständlichen Fachbegriffe zu diesem Thema leicht verständlich zu machen. Er beschrieb die Forschungen an Mäusehirnen und die dabei kürzlich entdeckte Tatsache, dass sich körperliche Bewegung offenbar fördernd auf die Bildung von Hirnzellen auswirkt. "Früher durfte man auf dem Schulhof nie rennen", meinte er schmunzelnd. "Ob dieses Verbot noch zu halten ist, wird man sich jetzt wohl überlegen müssen." Da auch in der Hirnrinde erwachsener Mäuse unter bestimmten Umständen neue Nervenzellen entstehen können, sieht er "vielleicht einen Weg, Krankheiten wie Parkinson von innen heraus zu bekämpfen".

Kempermann gehört zu einem Team, das sich der Stammzellenforschung verschrieben hat. "Wir wollen verstehen, welche Rolle diese Zellen bei Krankheiten und bei der Selbstregeneration des Gehirns spielen."

Nach den kurzweiligen Vorträgen und Führungen durch die Labors erwartete die wissendurstigen Besucher auch kulinarische Entspannung: Über den Campus zog der sanfte Duft von Bratwurst, Zapfhähne gurgelten, eine Blues-Combo spielte bis spät in die Nacht.

Heiko Schwarzburger

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