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Gesundheit: Lass dich umarmen, reizende Carmen!

Gibt man im Internet den Suchbegriff "Midori" ein, spuckt die Suchmaschine jede Menge Adressen aus: Da gibt es einen japanischen Lebensmittelhandel, einen Mandellikör, ja sogar eine "Fetisch-Diva" dieses Namens. Die zierliche Frau im Twin Set, die am Dienstag in der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" begeistert begrüßt wurde, hat mit diesen mehr oder minder merkwürdigen "Midoris" allerdings nichts zu tun.

Gibt man im Internet den Suchbegriff "Midori" ein, spuckt die Suchmaschine jede Menge Adressen aus: Da gibt es einen japanischen Lebensmittelhandel, einen Mandellikör, ja sogar eine "Fetisch-Diva" dieses Namens. Die zierliche Frau im Twin Set, die am Dienstag in der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" begeistert begrüßt wurde, hat mit diesen mehr oder minder merkwürdigen "Midoris" allerdings nichts zu tun. Die Japanerin ohne Nachnamen ist ein Geigenstar, seit sie 1982 als Elfjährige beim New York Philharmonic Orchestra debütierte. Die 30-Jährige hat also schon genug Erfahrungen gesammelt, die sie bei ihrem ersten Meisterkurs in Deutschland weitergeben kann. Sun Mi und Sophie Heinrich, die zuerst dran sind, legen allerdings eine derartige Souveränität an den Tag, dass sich der Zuhörer kaum vorstellen kann, was an ihrem Spiel noch zu verbessern wäre.

Midori ist natürlich eine Menge aufgefallen. Bevor sie jedoch in Details einsteigt, versucht sie die nervösen Studentinnen erst einmal mit lobenden Worten zu lockern. Nicht nur an diesem pädagogisch professionellen Vorgehen merkt man, dass Midori seit langem in den Vereinigten Staaten lebt. Auch ihr American English ist perfekt. Darum bleibt ihre Geige unberührt auf einem Hocker liegen - ihre Schüler sollen keinesfalls den Stil der Lehrerin imitieren. Im Gegenteil: Sie will zeigen, wie man durch Fragen an sich selbst zur Interpretation kommt. Denn letztlich geht es in der klassischen Musik immer um Rhetorik: "Versuche, hier auf die Begleitung zu hören, die Töne aufzunehmen und sie weiterführen", erklärt sie Sun Mi. Auf den Partner hören, ein Thema umkreisen, den anderen ausreden lassen, um dann überzeugend zu antworten - so funktioniert im Idealfall auch der Dialog zwischen Solist und Orchester.

Gebannt verfolgen die Zuhörer im Saal, wie Midori die Studentinnen zum Ausprobieren animiert. Auch jene, die heute nur zuschauen dürfen, wollen so viel wie möglich aus dem Meisterkurs mitnehmen. Zu verdanken haben sie das Erlebnis den guten Kontakten ihres Rektors Christhard Gössling. Aus seinem zweiten Hauptberuf als Posaunist der Berliner Philharmoniker kennt er alle Klassikstars. Letzte Woche war Daniel Barenboim bei den Pianisten zu Gast, bald folgen Workshops mit den Top-Dirigenten Kent Nagano und Simon Rattle.

Passend zur "Carmen"-Fantasie hat sich Sophie Heinrich eine Rose ins Haar gesteckt. Und jede Menge Temperament hat sie auch. Midori ist beeindruckt. Ausbaufähig ist diese Höchstleistung trotzdem: Sophie hat nämlich von Beginn an auf Hochspannung gesetzt und damit ihr Pulver zu früh verschossen. Midori verrät, wie sich der Aufbau so organisieren lässt, dass zum Schluss doch noch eine Steigerung drin ist. Das Gespür dafür, wie und wo man am besten den Höhepunkt setzt - auch das verbindet Musiker und Redekünstler.

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