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Gesundheit: Marketing Club debattiert über Wissenschaftsstandort Berlin

Berlin ist ein herausragender Standort der Wissenschaften, in den Medien werden aber ganz andere Städte als Wissenschaftzentren genannt: München, Frankfurt am Main, Hamburg. Auch unter Führungskräften der deutschen Wirtschaft hat sich der Aufschwung in der Wissenschaft in Berlin noch nicht genügend herumgesprochen.

Berlin ist ein herausragender Standort der Wissenschaften, in den Medien werden aber ganz andere Städte als Wissenschaftzentren genannt: München, Frankfurt am Main, Hamburg. Auch unter Führungskräften der deutschen Wirtschaft hat sich der Aufschwung in der Wissenschaft in Berlin noch nicht genügend herumgesprochen. Zu diesem Schluss kommt der Marketing-Club der Stadt, der im Hotel Berlin die Ergebnisse einer Umfrage vorstellte.

Auf einer Podiumsdiskussion suchten Vertreter der Wirtschaft und der Wissenschaft nach den Ursachen. Grundtenor der Analysen: Berlin allein ist nur ein halber Standort, Brandenburg gehört unbedingt dazu. "Die Politiker in Berlin und Brandenburg müssen ihre Aktivitäten besser abstimmen und gemeinsame Schwerpunkte setzen", sagte Günter Kappler, Geschäftsführer bei BMW Rolls-Royce für die Forschung. "So wurden Manfred Stolpe und Eberhard Diepgen auf ihren USA-Reisen nacheinander bei Boeing vorstellig. Zusammen, als Repräsentanten einer einzigen Region, hätten sie weit mehr Chancen gehabt", sagt Kappler.

Innerhalb kurzer Zeit habe eine rasante Entwicklung auch im Berliner Umland ihre Spuren hinterlassen: Zehn Jahre nach dem Ende der DDR arbeiten im Landkreis Teltow-Fläming mehr Menschen in der Luft- und Raumfahrtindustrie als in der Landwirtschaft. BMW Rolls-Royce habe, so Kepler, die meisten jungen Wissenschaftler am Forschungszentrum in Dahlewitz von der TU Berlin, der BTU Cottbus und der TU Dresden rekrutiert.

Konzentration auf Forschungsschwerpunkte, um dem Wissenschaftsstandort Berlin ein unverwechselbares Profil zu geben und langfristige Kontinuität - so lauteten die wichtigsten Forderungen. Das ist angesichts der bevorstehenden Wahlen in Berlin ein heißes Thema. Beide großen Parteien überlegen, nach der Wahl die Senatsverwaltungen für Wissenschaft, Technologie und Wirtschaft neu zu ordnen. Die Wissenschaft stärker mit der Technologiepolitik zu verzahnen - das wünschten sich alle Experten auf der Podiumsdiskussion des Marketing Clubs. Auch steht ein Generationswechsel an: Etliche gestandene Wissenschaftspolitiker Berlins werden das Abgeordnetenhaus verlassen - darauf machte der Moderator der Podiumsdiskussion, Tagesspiegel-Redakteur Uwe Schlicht aufmerksam. "Die Politiker dürfen sich nicht immer nur von Wahl zu Wahl hangeln", meinte hierzu Helmut Schmidt, Präsident der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) in Berlin-Karlshorst. "Allein im Bereich der Informationstechnik und Kommunikationstechnik haben wir 8000 neue Unternehmen", rechnete er vor. "Ehe diese sich zu einem Netzwerk finden, dauert es einige Jahre."

Die Vernetzung der Forschungsinstitute mit der regionalen Wirtschaft wird von deutschen Managern immer wieder als der große Vorteil von München, Stuttgart und Frankfurt erwähnt. "Dort sitzen auch die großen Konzerne", sagt Burghardt Wittig, Mikrobiologe an der Freien Universität. "Es ist illusorisch zu glauben, dass sie nach Berlin umziehen."

"Aber die großen Industriekonzerne werden Beobachterteams nach Berlin schicken, um die einzigartige Forschungslandschaft in der Stadt im Auge zu behalten." Davon ist Rolf Schwarwächter überzeugt, Generalbevollmächtigter der Wista Management GmbH, die den Technologie- und Wissenschaftspark in Adlershof vermarktet. Er berichtete: "Berlin ist auch Deutschlands Gründerhauptstadt. Hier entstanden in den letzten Jahren 30 000 neue Unternehmen." Obwohl es an großen Konzernen fehle, sei diese Dichte kleiner und mittelständischer Unternehmen unvergleichlich.

Die Verteter der Hochschulen zeigten sich nicht begeistert von der Forderung des Marketing Clubs nach einem neuen Hochschulgesetz. Es sei gerade ein Vorteil, dass sich die Hochschulen, allen voran die Humboldt-Uni und die Freie Universität, nach der Freigabe von 60 Paragraphen des Hochschulgesetzes moderne Reformsatzungen gegeben haben. Sollte ein neues Hochschulgesetz wieder allein von den Politikern bestimmt werden, dann würde es wahrscheinlich hinter den erreichten Stand an Modernität weit zurückfallen, warnte Uwe Schlicht. So sieht es auch der TU-Informatiker Bernd Mahr. Die FHTW hat als erste Berliner Fachhochschule vor rund einem Jahr ihre Reformsatzung auf den Weg gebracht. Nach der Erprobungsklausel bleiben ihr noch weitere drei Jahre für ihr effizientes Leitungsmodell. "Wenn danach wieder neue Strukturen eingeführt werden sollen, die die Hochschule nicht will, wird es sehr schwer, im Wettbewerb zu bestehen", meinte FHTW-Präsident Schmidt.

Heiko Schwarzburger

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