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Gesundheit: Marseillaise im Sitzungssaal

Studenten verhindern Spar- und Strukturbeschlüsse der Humboldt-Universität zu Berlin

„Allons enfants de la patrie ...“ Die Sitzung des Akademischen Senats der Humboldt- Universität zu Berlin begann unter den Klängen der Marseillaise. Was es 1792, als die Marseillaise erstmals von revolutionären Soldaten gesungen wurde, nicht gab, war der Auftritt von Cheerleaders im Stil amerikanischer Highschool-Schüler. Sie tanzten im Sitzungssaal, während die Revolutionskapelle die Musik spielte. Ein Student schwenkte die französische Trikolore, andere warfen mit Klopapierrollen in Richtung Präsident und Vizepräsident der Humboldt-Universität. Bei diesem Spektakel konnte die Sitzung zunächst nur abgebrochen werden.

Zuvor hatte der Akademische Senat gute zwei Stunden sachlich über die Sparvorgaben des Berliner Senats diskutiert. Dabei stellte sich heraus, dass keine Einigkeit über die zu streichenden Professorenstellen zu erzielen war. Präsident Jürgen Mlynek geht von 90 Professuren aus, die bis 2009 gestrichen werden müssen, die Entwicklungsplanungskommission sieht nur 81 Professuren gefährdet, während die Studenten meinen, es müssten im ungünstigsten Fall bis zu 51 Professuren geopfert werden. Da kein Einvernehmen über die Berechnungsgrundlagen herzustellen war, stellte ein Studentenvertreter den Antrag auf Vertagung. Als dieser von der Mehrheit des Akademischen Senats abgelehnt wurde, ging der Spektakel los.

Eine Woche zuvor hatte das HU-Konzil auf Antrag der Studenten mit großer Mehrheit beschlossen, dass Präsident Mlynek die Sparsummen mit dem Berliner Senat neu verhandeln solle. Mlynek hatte daraufhin einen Brief an den Regierenden Bürgermeister geschrieben. Dessen Antwort liegt nun vor. Wowereit bezeichnet die Sparsumme von 75 Millionen Euro für alle drei Universitäten als einen „erheblichen, letztlich aber verkraftbaren Beitrag zur Stabilisierung des Landeshaushaltes“. Er warnte die Universitäten davor, die beschlossenen Absenkungen in Frage zu stellen. Eine günstigere Lösung für die Hochschulen sei nicht möglich. Wowereit wörtlich: „Jedes Aufschnüren des Gesamtpakets birgt in meinen Augen die Gefahr, dass das von den Universitäten erreichte Verhandlungsergebnis noch Abstriche erfährt.“

Nach dem Eklat einigte sich der erneut zusammengerufene Akademische Senat einstimmig auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe. Sie soll die unterschiedlichen Berechnungen bei den Stellenstreichungen klären. Am 10. Februar wird die Sitzung des HU-Senats fortgesetzt – öffentlich und ohne Polizeischutz, wie Vize-Präsident Heinz-Elmar Tenorth erklärte.

Uwe Schlicht

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