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MEDIZIN Männer: Der Beleuchter der Blase

MAXIMILIAN NITZE Licht ins Dunkel bringen – seitdem Maximilian Nitze das rötliche Leuchten eines gekühlten Glühdrahts durch den Körper einer Patienten schimmern sah, lässt ihn die Idee, den Unterleib von Innen zu beleuchten, nicht mehr los. Der Breslauer Zahnarzt Julius Bruck war Jahre zuvor auf die Idee gekommen, Zähne mit einem dahintergehaltenen glühenden Platindraht zu durchleuchten.

MAXIMILIAN NITZE

Licht ins Dunkel bringen – seitdem Maximilian Nitze das rötliche Leuchten eines gekühlten Glühdrahts durch den Körper einer Patienten schimmern sah, lässt ihn die Idee, den Unterleib von Innen zu beleuchten, nicht mehr los. Der Breslauer Zahnarzt Julius Bruck war Jahre zuvor auf die Idee gekommen, Zähne mit einem dahintergehaltenen glühenden Platindraht zu durchleuchten. Eingeführt in den Unterleib, glaubte der Zahnarzt, könnte seine Erfindung auch der Gynäkologie nützen. Nur entwickelt der Draht sogar hinter Glas eine so starke Hitze, dass er Schleimhäute sofort versengen würde. Dieses Problem wollte Bruck lösen, indem er um den Draht mehrere wassergekühlte Glashüllen setzte, was wiederum die Größe des Apparats patientenunverträglich machte. Es blieb wohl bei der Idee. Hätte Bruck das Glasröhrchen abgedichtet und die Luft daraus abgesaugt, wäre er als Erfinder der Glühbirne in die Geschichte eingegangen. So ging er leer aus.

Denn auf medizinischem Gebiet sollte Max Nitze, seit 1875 Arzt am Dresdner Stadtkrankenhaus, den Ruhm einstreichen. Er glaubt: „Um eine Kammer zu erleuchten, muss man die Lampe hineintragen“, nicht durchs Nebenzimmer hineinleuchten. Das ist die Grundlage der modernen Endoskopie. In Zusammenarbeit mit renommierten Berliner Instrumentenbauern entsteht Nitzes „Blasendurchleuchter“. Nitze löst das Problem des viel zu kleinen Bildausschnitts beim Blick durchs Röhrchen. „Ein glücklicher Zufall sollte mich auf den richtigen Weg führen“, schreibt er. Beim Polieren des Objektivs sieht er die gegenüberliegende Matthäuskirche um ein Vielfaches verkleinert. Also lässt er eine Reihe von Linsen in denselben Stab einsetzen, an dessen Spitze die Beleuchtung sitzt: „Man konnte ein großes Stück der taghell erleuchteten Blasenwand mit einem Blick übersehen“, schreibt der 29-Jährige stolz und präsentiert die Erfindung am 2. Oktober 1877 vorm königlich-sächsischen Landesmedicinalcollegium an einer Leiche. Zum ersten Mal deutet sich an, dass Operieren ohne Aufzuschneiden möglich ist. Doch als historische Stunde nimmt die Vorführung niemand wahr.

Ihre wahre Bedeutung wird erst nach der Erfindung der Glühbirne durch Edison 1879 deutlich, die aus dem Kystoskop ein leicht zu bedienendes und billiges Instrument macht. Nach Berlin gezogen, gründet Nitze 1896 die erste urologische Privat- und Poliklinik. Er hält Kurse für Zystoskopie ab, operiert bis dahin nicht behandelbare Blasentumore und entfernt Nierensteine. 1900 wird ihm der erste Lehrauftrag für Urologie überhaupt erteilt. Als er 1906 stirbt, wird seine Asche nach Eisenach zu seiner Mutter überführt, der einzigen Frau im Leben des Max Nitze. Das Private bleibt bei ihm im Dunkeln.

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