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Gesundheit: Mehr Freiheit, dafür weniger Geld vom Staat

Ein Königsweg bei der Hochschulreform in Deutschland ist nicht in Sicht, aber sie bewegt sich doch in dieselbe Richtung: hin zu wettbewerbsorientierten Formen und der Betonung der Eigenverantwortung. 13 Universitäten, von der Volkswagen-Stiftung und dem Stifterverband mit insgesamt 24,2 Millionen Mark gefördert, haben bei einem Symposium in Bonn eine Halbzeit-Bilanz ihrer Reform-Projekte vorgelegt: "Die Universitäten müssen leistungsfähiger werden - und sie können es, wenn man ihnen nur die nötigen Spielräume lässt", meinte Wilhelm Krull, Generalsekretär der VW-Stiftung.

Ein Königsweg bei der Hochschulreform in Deutschland ist nicht in Sicht, aber sie bewegt sich doch in dieselbe Richtung: hin zu wettbewerbsorientierten Formen und der Betonung der Eigenverantwortung. 13 Universitäten, von der Volkswagen-Stiftung und dem Stifterverband mit insgesamt 24,2 Millionen Mark gefördert, haben bei einem Symposium in Bonn eine Halbzeit-Bilanz ihrer Reform-Projekte vorgelegt: "Die Universitäten müssen leistungsfähiger werden - und sie können es, wenn man ihnen nur die nötigen Spielräume lässt", meinte Wilhelm Krull, Generalsekretär der VW-Stiftung.

Wie sich Spielräume nutzen lassen, wollten immerhin Rektoren und Präsidenten, Kanzler und Dekane von 40 Universitäten in Deutschland wissen. Wilhelm Krull hat bereits "Schneeballeffekte" beobachtet, zumindest scheint sich herumgesprochen zu haben, was Olaf Henkel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, am Ende des zweitägigen Symposiums feststellte: "Wer sich jetzt nicht bewegt, der wird bald zu den Verlierern gehören." Offenkundig haben einige Hochschulen eine Schrittmacherrolle übernommen. "Wir gehen der Gesetzgebung voran", bemerkte Hamburgs Uni-Präsident Jürgen Lüthje. Auch in Baden-Württemberg, verkündete Prorektor Walter A. Oechsler von der Uni Mannheim, "orientiert sich die Gesetzesnovelle immer mehr an unserem Modell". Was aber in Bonn nicht alle befriedigte angesichts des weit verbreiteten Misstrauens vor bürokratischer Reglementierung. Viel lieber wäre es den Hochschulen, die Politiker hielten sich weitgehend raus. "Die Reformbewegung an den Unis ist so stark, dass der Staat nicht mehr eingreifen muss", sagte Hans Meyer, Präsident der Humboldt-Universität in Berlin, und traf damit die Stimmung. Auch der niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann bekam Beifall, weil er "die atemberaubende Umarmung zwischen Staat und Hochschulen lösen" möchte und die Gruppen-Universität angesichts erschöpfender Gremien-Debatten als "strukturell unfähig" bezeichnete.

Oppermann will schrittweise zu Vertragspartnerschaften zwischen Hochschulen und Staat kommen. Erneut erklärte der Sozialdemokrat: "Wir müssen sehr genau überlegen, ob wir nicht zu moderaten Studiengebühren kommen sollen." Jürgen Timm, Rektor der Universität Bremen, beschrieb ein erstaunliche Ergebnis der Reformprojekte: Angeregt durch die systematische Untersuchung von Gestaltungs- und Entscheidungsprozessen in der Universität arbeitet nun auch das Bremer Wissenschaftsministerium an einer Änderung der eigenen Organisationsstruktur. Das wäre mal was: Eine Hochschule als Motor einer Verwaltungsreform.

Freilich bestehen im kleinen Stadtstaat besonders intensive Kontakte, die sich auch in den Zielvereinbarungen zwischen Senat und Hochschule bezahlt machen. So hat Rektor Timm per Kontrakt die Summe der Haushaltsmittel bis zum Jahr 2004 ausgehandelt - bei maximaler Gestaltungsfreiheit. Als Gegenleistung für Einsparungen habe er der Regierung abgehandelt, auf Rechte aus dem Hochschul-Gesetz zu verzichten: mehr Autonomie für weniger Geld. Auch nach Innensetzt Bremen auf Zielvereinbarungen zwischen Uni-Leitung und Fachbereichen.

Im Mittelpunkt der Bonner Tagung stand die Reform der Leitungsstrukturen. Dabei setzen die Schrittmacher-Hochschulen durchaus unterschiedliche Akzente. An der TU München besteht seit diesem Jahr ein Verwaltungsrat als Kontrollorgan, das sich aus Hochschulräten und Senats-Mitgliedern zusammensetzt. Dieses Modell bereitete dem Mannheimer Prorektor Oechsler "Bauchschmerzen", da Gestaltung und Kontrolle nicht sauber getrennt seien und die Versuchung bestehe, "sich permanent in die Tasche zu lügen". Die Mannheimer Uni löste im Frühjahr den Großen Senat und den Verwaltungsrat zugunsten eines stark verkleinerten Senats auf. Dieser ist nun das zentrale Entscheidungsgremium in allen akademischen Fragen, während der neu geschaffene Uni-Rat, der auch mit Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft besetzt ist, die vom Rektorat erstellten Entwicklungs-, Struktur- und Haushaltspläne genehmigt und Kontrollfunktionen übernimmt.

In Hamburg will man hingegen die Fachbereiche stärken und auf kollegiale Leitungsmodelle zurückgreifen. In Zukunft sollen für Fachbereiche oder Fächergruppen Netzwerke oder Beiräte aufgebaut werden, die für Kontakte zu Firmen und Institutionen der Region sorgen. Aus diesen fachnahen Beiräten könnte dann ein übergreifender Hochschulrat entstehen, meinte Lüthje. Gemeinsam ist den "Schrittmacher-Hochschulen", dass sich die Reformen nicht auf Veränderungen in der Organisation beschränken. Leistungsbewertung, Mittelverteilung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen, gezieltes Marketing und neue Studiengänge sind Teile eines umfassenden Reform-Prozesses, der zweifellos auch an anderen Hochschulen in Gang gekommen ist. Humboldt-Präsident Meyer beschäftigte das Symposium mit seinem Leitungsmodell ohne Kanzler, dessen Aufgaben von einem Vizepräsidenten wahrzunehmen seien. Einsprüche blieben erstaunlich moderat; einige der anwesenden Kanzler beschränkten sich auf den Hinweis, dass die leitenden Verwaltungsaufgaben in professionellen Händen bleiben müssten.

Das Interesse an der Studenten-Auswahl durch die Hochschulen war in Bonn gering. Dies mag damit zu erklären sein, dass die im Hochschulrahmengesetz eingeführte Quote von 20 Prozent selbstausgewählten Studenten in NC-Fächern nicht angewandt wird, weil "die Hochschulen gar nicht unter den besten Studierenden auswählen dürfen und abgelehnte Bewerber von der ZVS doch wieder an dieselbe Hochschule geschickt werden", wie Manfred Erhardt vom Stifterverband kritisierte. Doch Eingangsprüfungen für die Studienbewerber, wie sie für die Anglistik in Mannheim und an der TU München für die Studiengänge "Restaurierung" sowie "Communications Engineering" eingeführt wurden, erwiesen sich als zeitaufwendig und "in Massenstudiengängen kaum zu realisieren", wie Hans Helmut Günther, Leiter des Münchner Kanzlerbüros, meinte. In München sollen künftig in allen neuen Studiengängen Eingangsprüfungen stattfinden. Das sei teuer, aber "gut investiertes Geld".

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