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Gesundheit: „Mehr Wissen abprüfen“

Jürgen Kocka zum neuen Geschichtsstudium

Herr Kocka, wird das Geschichtsstudium jetzt neu erfunden?

Von den Erfahrungen in Erfurt, Bremen, Bochum und Bielefeld mit gestuften Studiengängen kann man lernen, dass die Einführung von BA und MA kräftige Umstellungen erfordert. Die Fachbereiche müssen sich darauf einigen, was im nur drei Jahre dauernden BachelorStudium das Wichtigste sein soll angesichts der ständigen Erweiterung des Wissens über Geschichte. Neu ist auch die Möglichkeit, spezielle Masterstudiengänge einzuführen und damit der eigenen Universität ein besonderes Profil zu geben. So bietet Leipzig jetzt einen Master für Weltgeschichte an. Ich hoffe, dass die Berliner Universitäten diese Chance nutzen.

Was muss ein Geschichtsstudent bis zum Bachelor lernen, um fit für den Arbeitsmarkt zu sein?

Er muss die methodischen Grundsätze des geschichtswissenschaftlichen Arbeitens eingeübt haben: die Arbeit mit Quellen, das Ernstnehmen des Kontextes und das Denken in Kategorien des Wandels. Zu erwarten ist ein Überblick über wichtige Themen der Geschichtswissenschaft. Auch ein kurzes Studium vermittelt Grundfertigkeiten, die in vielen Berufen zu gebrauchen sind: die Sammlung von Informationen und die Interpretation von Texten, die Verknüpfung diverser Themen zu überraschenden Zusammenhängen. Für spezifische Berufsfelder – außer für die Universität und die Schule – qualifiziert das Geschichtsstudium nicht, wohl aber für viele mögliche in Wirtschaft, Kultur, Verwaltung und Medien.

Was muss ein Geschichtsprofessor mit der Studienreform dazulernen?

(Lacht) Das ist eine schwierige Frage. Sicher müssen wir in Zukunft mehr Zusammenhangswissen vermitteln, weg kommen von allzu spezialisierten Veranstaltungen vor allem im Bachelor. Und die Studierenden müssen intensiver betreut werden, auch durch häufigere begleitende Kontrollen.

Wie soll der Übergang vom Bachelor zum Masterstudiengang geregelt werden?

Nach dem Bachelor muss noch einmal geprüft und ausgewählt werden. Nur ein besonders geeigneter Teil der Bachelor-Absolventen sollte eingeladen werden, an einem berufsorientierten Masterstudiengang teilzunehmen – oder auf die Promotion hin weiter zu studieren. Beim Lehramtsstudium wird dies extra geregelt.

Wenn Sie sich Ihre Studierenden aussuchen könnten, was würden Sie von den Bewerbern verlangen?

An erster Stelle Interesse für Historisches, dann eine breite Allgemeinbildung, die man auch abprüfen sollte – und Sprachkenntnisse in möglichst hohem Ausmaße. Geschichtswissenschaft ist heute transnational, in Richtung Europäisierung und Globalgeschichte.

Wussten Sie schon, was Sie werden wollen, als Sie 1960 anfingen zu studieren?

Ich habe drei Möglichkeiten gesehen: Ich wollte Wissenschaftler werden – oder Journalist oder Lehrer. Auch damals war es nicht sehr wahrscheinlich, dass man den Wunschberuf eines Hochschullehrers realisieren könnte. Das große Wachstum der Unis hatte noch nicht begonnen. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich schließlich Professor wurde.

Das Gespräch führte Amory Burchard.

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