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Gesundheit: Mein schönstes Seminar

Dröge Dozenten, träge Studenten? Es geht auch anders – drei Erlebnisberichte

Im letzten Sommersemester gab es eine Vorlesung, die war ziemlich gut: Gewebedifferenzierung und -regeneration. Der Dozent war total engagiert und hat das Thema spannend gemacht. Außerdem konnte er den Stoff gut erklären: Er hat mit Power-Point-Präsentationen gearbeitet, uns viel Anschauungsmaterial gegeben und die Vorlesung sehr gut strukturiert. Und man sah, dass er immer das Beste rausholen wollte. Einmal hat er sich bei uns sogar entschuldigt, dass er schlecht vorbereitet sei – dabei hat man das nun wirklich nicht gemerkt. Unser Dozent hat sich für das interessiert, was uns interessiert – das kommt sehr selten vor.

Im Gegensatz zu allen anderen hat er beispielsweise nicht nur darüber geredet, unsere Vorschläge zu berücksichtigen, sondern sie tatsächlich umgesetzt. Ihn hat das Thema offensichtlich begeistert, und er hat uns damit angesteckt. So einfach kann eine gute Vorlesung sein.

Stefanie Jourdan (23) studiert im 8. Semester Medizinische Biotechnologie an der Technischen Universität Berlin.

Meine beste Lehrveranstaltung war definitiv meine Vorlesung über Szenarien für die globalisierte Weltgesellschaft im letzten Jahr. Vorlesung klingt immer so trocken, aber die war schon fast ein Gesamtkunstwerk: Der Domchor hat in einer Veranstaltung gesungen, UdK-Schauspieler haben klassische und avantgardistische Szenen vorgeführt, Jazzer musiziert. Die Vorlesung glich so einer richtigen UdK-Leistungsschau. Die Studenten waren unheimlich engagiert. Wir haben sogar Generalproben für jede Vorlesung durchgeführt. Wann gibt es das schon? Eigentlich war jede Veranstaltung wie eine Theaterinszenierung.

Annamaria Rucktäschel lehrt Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste in Berlin.

Am besten hat mir meine Einführung ins Althochdeutsche gefallen. Bei der Gelegenheit konnte ich die Sprache selber noch sehr viel besser lernen. Das Seminar hat mir aber deshalb so gut gefallen, weil ich mehrere Unterrichtsmethoden ausprobiert habe und festgestellt habe, was mir besonders liegt und was den Studenten gut gefällt. Die gegenseitige geistige Befruchtung war das Reizvolle an dem Seminar. Es gab auch sonst Überraschungen. Eine Studentin sagte mir beispielsweise, ich sei zu nett. Das fand ich erstmal irritierend, denn ich will ja nicht unnett sein. Aber daraus habe ich gelernt, meine Anforderungen an die Studenten klar zu formulieren. Ein anderer meinte, dass mein Unterricht ihm überhaupt nichts bringe, was ich natürlich für ziemlich frech hielt. Er hat mir allerdings dadurch gezeigt, auf welchem Stand die Studenten sind. Im Prinzip finde ich das besser, als wenn die Studenten nur auf den Boden gucken und machen, was man ihnen sagt.

Nicola Zotz lehrt Ältere deutsche Literatur und Sprache an der Freien Universität Berlin.

Es fragte Tilmann Warnecke

Fotos: Uwe Steinert (2), privat (1)

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