zum Hauptinhalt

Gesundheit: Meteoriten: Ein Stein vom Mars schlug ins Haus der Wissenschaft

Auf einer Fachtagung in Chicago präsentierte der Nasa-Experte Larry Nyquist kürzlich das Alter eines vom Mars stammenden Meteoriten: Mit 175 Millionen Jahren ist er allerdings für den Geschmack der Wissenschaftler viel zu jung - die Oberfläche des Roten Planeten ist nämlich nach vermeintlich gesicherten Erkenntnissen über eine Milliarde Jahre alt.Der von einem Meteoritensammler aus Los Angeles aufgefundene Stein verschärft damit ein Dilemma, das den Marsforschern seit einiger Zeit zusehends Unbehagen bereitet.

Von Rainer Kayser, dpa

Auf einer Fachtagung in Chicago präsentierte der Nasa-Experte Larry Nyquist kürzlich das Alter eines vom Mars stammenden Meteoriten: Mit 175 Millionen Jahren ist er allerdings für den Geschmack der Wissenschaftler viel zu jung - die Oberfläche des Roten Planeten ist nämlich nach vermeintlich gesicherten Erkenntnissen über eine Milliarde Jahre alt.

Der von einem Meteoritensammler aus Los Angeles aufgefundene Stein verschärft damit ein Dilemma, das den Marsforschern seit einiger Zeit zusehends Unbehagen bereitet. "Er ist einer von nun insgesamt sieben Meteoriten mit einem Alter von 175 Millionen Jahren," berichtet Nyquist. Das ist rund die Hälfte der 15 bekannten und datierten Marssteine.

Bei diesen Felsbrocken handelt es sich um Bestandteile der Marskruste, die durch gewaltige Einschläge von Asteroiden und Kometen ins All hinauskatapultiert wurden. Nach einer Odyssee durch das Sonnensystem, die Millionen von Jahren gedauert haben dürfte, kamen die Gesteinsstücke schließlich irgendwann der Erde in die Quere. Und damit wurden sie zum Glücksfall für die Planetenforscher, die auf diesem Weg Fragmente einer fremden Welt gleichsam frei Haus geliefert bekamen. Einer Welt, die zwar in direkter Nachbarschaft der Erde existiert - auf dem Weg allwärts, von der Sonne weg -, aber immerhin in einem Abstand von mindestens 80 Millionen Kilometern.

Rechnung mit Hilfe der Radioaktivität

Die Meteoriten geben den Marsforschern die einzigartige Möglichkeit, das Alter der Marsoberfläche direkt zu messen. Denn aus den Anteilen verschiedener radioaktiver Substanzen und dem Verhältnis der Isotopen zueinander lässt sich der Zeitpunkt des letzten Erstarrens der Gesteinsmasse errechnen.

Zunächst schien alles bestens zueinander zu passen: Die meisten der zuerst gefundenen Marsmeteoriten waren 1,3 Milliarden Jahre alt. Und das war ein Wert, der sich mit dem aus Kraterzählungen ermittelten Alter der Oberfläche des Roten Planeten deckt.

Noch heute aktive Vulkane

Doch mit dem neuen Fund weist die Vorstellung der Fachleute erhebliche Widersprüche auf. "Der Los Angeles Meteorite ist ein Hinweis darauf, dass es auf dem Mars noch heute aktiven Vulkanismus gibt," meint Larry Nyquist. Hinweise auf Vulkanismus in der jüngeren Marsgeschichte hatten auch schon die Bilder des "Mars Global Observer", der seit 1997 den Planeten umkreist, geliefert. Doch die Vielzahl der Krater auf der Oberfläche des Roten Planeten zeigen nach Ansicht des amerikanischen Mars-Experten David Mittlefehldt, dass nur ein kleiner Teil davon in der jüngeren Geschichte von Lavaströmen überflutet worden sein kann: "Höchstens 15 Prozent - und damit hat man die Modelle schon ziemlich überstrapaziert."

Wie sollen aber die Hälfte der Meteoriten von maximal 15 Prozent der Marsoberfläche stammen? "Möglicherweise stammen alle jungen Mars-Meteoriten von ein und demselben Einschlag," spekulierte Nasa-Forscher Ron Baalke. Doch diese These erwies sich als unhaltbar: Eine neue Untersuchung des Kosmochemikers Kunihiko Nishiizumi von der Universität in Berkeley ergab, dass die sieben jungen Marsmeteoriten von vier verschieden Einschlägen stammen müssen.

Nishiizumi machte sich die Tatsache zunutze, dass die Felsbrocken auf ihrer Reise durchs All der harten kosmischen Strahlung ausgesetzt waren. Die dadurch in den Meteoriten erzeugte Radioaktivität liefert deshalb ein Maß für die Reisedauer - und somit den Zeitpunkt der Einschlagkatastrophe auf dem Mars. Bleibt also nur der Schluss, dass große Teile der Marsoberfläche erheblich jünger sind als bislang angenommen - trotz der vielen Krater. "Wir übersehen beim Mars irgendetwas ganz Fundamentales," gesteht David Mittlefehldt ein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false