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Gesundheit: Mit Bänderriss zurück aufs Feld Eine Charité-Ausstellung zu Fußball und Medizin

„Das Trikot ist schuld“, befand Torhüter Tomislav Piplica von Energie Cottbus nach einer schweren Schulterverletzung im August 2004 – und verbannte es in den Schrank. Wegwerfen wollte er es nicht, schließlich sollten auch die Gefahren mit dem Trikot eingeschlossen werden.

„Das Trikot ist schuld“, befand Torhüter Tomislav Piplica von Energie Cottbus nach einer schweren Schulterverletzung im August 2004 – und verbannte es in den Schrank. Wegwerfen wollte er es nicht, schließlich sollten auch die Gefahren mit dem Trikot eingeschlossen werden.

Jetzt hängt das schwarz-gelb gestreifte Leibchen in der Ausstellung „Platz-Wunden – Der Fußball und die Medizin“ im Medizinhistorischen Museum der Charité. Sie thematisiert das nicht immer einfache Verhältnis von Hochleistungssport und Medizin.

Piplica stand nur drei Monate nach seiner Verletzung wieder auf dem Platz. Es sind Fälle wie dieser, die Beobachter schon mal an Wunderheilung glauben lassen und den Druck auf die Sportmediziner erhöhen. „Mit Wundern hat die Arbeit der Ärzte nichts zu tun“, sagt Thomas Schnalke, Leiter des Museums und selbst Mediziner. Es sei in erster Linie die starke Physis der Hochleistungssportler, die eine schnelle Stabilisierung von Bändern und Gelenken erlaubten. Hinzu komme der professionelle medizinische Hintergrund der Profivereine: „Während sich ein Hobbykicker nach dem Umknicken im Park noch überlegt, ob er zum Arzt gehen soll, ist der Profi schon operiert und beim Muskelaufbau in der Reha.“

Es gibt allerdings auch Mediziner, die mit dem Image des Wunderheilers kokettieren. „Bei der Untersuchung auf dem Platz bin ich nur noch in meinen Händen und nehme nur noch über meine Fingerkuppen wahr“, erzählt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Mannschaftsarzt von Bayern München in einem der Ausstellungsbeiträge. Tatsächlich können die Mediziner auf dem Platz nicht viel mehr machen als blutende Wunden stillen und schmerzende Muskeln kühlen. Medikamente sind im Stadion nicht zugelassen.

In der Regel sind es aber nicht die Mediziner, die einen Einsatz mit allen Mitteln ermöglichen wollen. Müller-Wohlfahrt erzählt, wie er Lothar Matthäus einmal fast vom Platz zwingen musste. Der Nationalspieler humpelte auf den Arzt gestützt mit einem Bänderriss vom Rasen. Kurz vor dem Kabineneingang riss er sich los und versuchte seinen Trainer zu überzeugen, noch mal aufs Spielfeld zu dürfen. Der vertraute aber dem Arzt mehr als dem Spieler.

„Die Spieler sind das Kapital des Fußballs“, erklärt Schnalke. „Weder sie selbst noch die Vereine wollen, dass dieses Kapital lange brachliegt.“ Die Sportmediziner tragen daher viel Verantwortung. Ein berühmtes Beispiel ist in der Ausstellung zu sehen: Pokalfinale 1982. Dieter Hoeneß wird mit einer Kopfplatzwunde vom Feld getragen. Minuten später köpft der Bayern-Stürmer das entscheidende Tor. „In so einer Situation ist der Arzt der Einzige, der sich dafür interessiert, ob der Spieler eine Gehirnerschütterung erlitten hat“, sagt Schnalke. Wichtig sei deshalb, dass Mannschaftsärzte durch eigene Praxen unabhängig von Vereinen sind.

Noch bis 1. Oktober im Berliner Medizinhistorischen Museum, Charité, Schumannstraße 20/21 (Mitte), Di. bis Fr. 10–17 Uhr, Mi. bis 19 Uhr.

Simon Wolf

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