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Gesundheit: Mit der Bioethik die Seele erreichen

Von Adelheid Müller-Lissner „Diese Argumentation erreicht die Seele nicht", so dachte Margot von Renesse in letzter Zeit öfter, wenn sie den Ausführungen von Wissenschaftlern oder Juristen zu Stammzellen und Gendiagnostik zuhörte. Die Vorsitzende der Bioethik-Enquête-Kommission des deutschen Bundestages wünscht sich dagegen, „dass wir einen Weg finden, wo niemand ungesagt lassen muss, was ihm bei diesen Fragen wichtig ist.

Von Adelheid Müller-Lissner

„Diese Argumentation erreicht die Seele nicht", so dachte Margot von Renesse in letzter Zeit öfter, wenn sie den Ausführungen von Wissenschaftlern oder Juristen zu Stammzellen und Gendiagnostik zuhörte. Die Vorsitzende der Bioethik-Enquête-Kommission des deutschen Bundestages wünscht sich dagegen, „dass wir einen Weg finden, wo niemand ungesagt lassen muss, was ihm bei diesen Fragen wichtig ist."

Im neu errichteten roten Kubus, der nun als Kommunikatonszentrum im Gelände des Max-Delbrück-Centrums (MDC) in Buch steht, könnte Frau von Renesses Anliegen gut aufgehoben sein. Dort wurde gestern ein neues Forschungsprojekt vorgestellt: „Bioethik und Wissenschaftskommunikation" will kein neues Forschungszentrum zu Ethikfragen werden, sondern kümmert sich „um etwas, das eigentlich Normalität werden sollte in der Forschungslandschaft Deutschlands", wie Projektleiter Christof Tannert findet. „Ziel ist es, Mittel des Diskurses zur Lösung von Wertkonflikten in der Gesellschaft zu untersuchen."

Zu diesem Zweck will man nicht nur Expertenrunden zusammentrommeln, sondern auch Laienkonferenzen nach dem Vorbild des Dresdner Bürgerforums zur Gentechnik einberufen. Zugleich will man wissenschaftlich untersuchen, welche Formen dem gesellschaftlichen Diskussionsprozess über Bioethik-Fragen besonders dienlich sind. „Wir wollen damit den Diskurs zugleich probieren und analysieren", sagt der Biologe und Theologe Tannert. „Entscheidend ist nicht, dass alle dadurch am Ende zu einer übereinstimmenden Auffassung gelangen, sondern dass das Niveau der Auseinandersetzung sich erkennbar verbessert", so beschrieb der Psychologe und Sozialwissenschaftler Peter Wiedemann vom kooperierenden Forschungszentrum Jülich das Ziel.

Dass es an diesem Niveau in der öffentlichen Diskussion bisweilen hapert, monierte Richard Schröder von der Humboldt-Universität, Mitglied des Nationalen Ethikrats und zugleich im Gründungsbeirat des neuen Projekts. „Da wird immer wieder mit Taschenspielertricks gearbeitet, die der geforderten Genauigkeit nicht standhalten." Schröder nannte ein aktuelles Beispiel für solche Ungenauigkeit: In einer Umfrage wurde ermittelt, ob die Bundesbürger sich für die neue gesetzliche Regelung zum Import embryonaler Stammzellen aussprechen.

In der Frage wurde jedoch zugleich suggeriert, damit würde die Tötung „lebensfähiger Embryonen" erlaubt. 70 Prozent der Befragten sprachen sich gegen eine solche Regelung aus. Das sei zwar von der Sache her beruhigend, so Schröder. Es trifft jedoch nicht den Import von Zelllinien mit der strengen Stichtags-Regelung. „Befragte werden hier mit Ungenauigkeiten verführt." Theologe Schröder sieht dabei auch „die Versuchung im Spiel, gewichtige ethische Fragen zur Denunziation der Forschung zu benutzen".

Umgekehrt versicherte Tannert, das beim MDC angesiedelte Kommunikations-Projekt diene nicht einfach der „Akzeptanzbeschaffung" für neue Technologien. Gut könne ein Diskurs schließlich auch sein, wenn am Ende Meinungsunterschiede bestehen bleiben. Auch die tieferen Schichten, auch die Ängste könne und müsse man auf diese Weise diskursfähig machen, stimmte von Renesse bei.

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