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Gesundheit: Mit Magnesium gegen Schwangerschaftsprobleme Das Mittel halbiert die Gefahr lebensgefährlicher Krampfanfälle

Von Adelheid Müller-Lissner Es gibt neue Hoffnung im Kampf gegen schwere Schwangerschaftskomplikationen: Infusionen mit Magnesiumsulfat halbieren bei gefährdeten Frauen das Risiko, eine lebensbedrohliche Schwangerschaftsstörung mit epileptischen Anfällen zu erleiden. Zudem sinkt wahrscheinlich die Gefahr, dass die Mutter während der Entbindung stirbt.

Von Adelheid Müller-Lissner

Es gibt neue Hoffnung im Kampf gegen schwere Schwangerschaftskomplikationen: Infusionen mit Magnesiumsulfat halbieren bei gefährdeten Frauen das Risiko, eine lebensbedrohliche Schwangerschaftsstörung mit epileptischen Anfällen zu erleiden. Zudem sinkt wahrscheinlich die Gefahr, dass die Mutter während der Entbindung stirbt. Das ist das Ergebnis einer Studie an 10 141 Frauen in 33 Ländern, die wegen akuter Gefahr in eines von 175 teilnehmenden Krankenhäuser eingeliefert worden waren, davon fast die Hälfte aus Afrika.

Die Frauen waren alle im letzten Drittel der Schwangerschaft oder hatten die Entbindung höchstens 24 Stunden hinter sich; sie waren wegen der akuten Gefährdung in ein Krankenhaus eingeliefert worden und bekamen dort eine Infusion mit Magnesium oder einem Scheinpräparat. Die Kommentatoren der Medizin-Zeitschrift „Lancet“, die die Studie veröffentlichte, sind überzeugt: „Theoretisch könnten Hunderttausende von Frauen von der Erkenntnis dieser Studie profitieren.“

Sie sprechen damit die Tatsache an, dass in vielen Ländern der Erde die Infrastruktur fehlt, die nötig ist, um gefährdete Frauen rechtzeitig zu erkennen und mit Magnesiumsulfat zu behandeln. Die Weltgesundheitsorganistation (WHO), die den Anstoß zu der Studie gab, ist nun weiter gefordert, den Einsatz der – mit fünf Dollar ausgesprochen kostengünstigen – Behandlung zu ermöglichen.

In jeder Minute stirbt irgendwo auf der Welt eine Frau während der Schwangerschaft oder unter der Entbindung, in 99 von hundert Fällen geschieht das in einem Entwicklungsland, und bei jeder vierten Frau lag eine Eklampsie (griechisch für das „Aufblitzen“ des Krampfes) vor.

Die eigentliche Eklampsie, die im letzten Drittel der Schwangerschaft und während des Geburtsvorgangs zu schweren Krämpfen und Bewusstlosigkeit bis hin zum Koma, nicht selten aber auch zum Tod der Mutter führt, ist in den reichen Ländern ausgesprochen selten.

Eine große Rolle spielt bei uns jedoch deren Vorform, die Präeklampsie oder EPH- Gestose. Das ist eine Stoffwechselentgleisung unter der Belastung durch die Schwangerschaft. Bis zu zehn Prozent aller Frauen sind in der Spätphase der Schwangerschaft betroffen. Die wichtigsten Zeichen sind Wassereinlagerungen im Gewebe, erhöhte Eiweißwerte im Urin und hoher Blutdruck.

Ein Alarmsignal ist die plötzliche Gewichtszunahme. Für das Baby kann die EPH-Gestose gefährlich werden, wenn der Mutterkuchen durch Verengung der Blutgefäße unzureichend versorgt wird. Engmaschige Kontrollen, gezielte Gabe von Medikamenten und gegebenenfalls die frühzeitige Einleitung der Geburt verringern die Risiken für Mutter und Kind. Wie Eklampsie und Prä-Eklampsie genau entstehen, ist immer noch unklar.

Auch wie das Magnesiumsulfat genau Krämpfe verhindert, ist noch ungeklärt. Sein Einsatz bei gefährdeten Frauen ist jedoch jetzt auf eine solide Datenbasis gestellt. Der „Magpie-Trial“, dessen Ergebnisse nun veröffentlicht wurden, ist die größte Studie zum Thema, die jemals gemacht wurde.

Die Lancet-Kommentatoren halten die Untersuchung für beispielgebend, was die Zusammenarbeit zwischen Forschungszentren der Ersten und Krankenhäusern der Dritten Welt betrifft: 85 Prozent der ausgewerteten Daten stammten aus Ländern mit der höchsten Mütter- und Säuglingssterblichkeit, die Koordination des Riesenprojekts fand am Institute of Health Sciences in Oxford statt .

Zwar wurde Magnesiumsulfat auch bisher schon häufig bei gefährdeten Frauen zur Krampf-Vorbeugung eingesetzt. Die Behandlung akuter Krämpfe erfolgt jedoch oft mit Psychopharmaka wie Diazepam. Die neuen Daten liefern nun weitere Hinweise darauf, dass auch dafür Magnesiumsulfat allein eingesetzt werden könnte.

Die Befürchtung, die Infusion könne negative Auswirkungen auf die Atmung der Schwangeren haben, bestätigte sich nicht. Jetzt wollen die Forscher durch Nachkontrollen bei kleineren Gruppen von Frauen und ihren Babys überprüfen, wie die Magnesiumgabe in der Phase von Schwangerschaft und Geburt sich langfristig auswirkt, vor allem auf die Entwicklung der Kinder.

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