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Gesundheit: "Nature"-Studie: Als das Gold vom Himmel fiel

Es hat Gold geregnet, vor sehr langer Zeit. Seinen Höhepunkt muss der Goldhagel etwa vor 3,8 Milliarden Jahren ereicht haben.

Es hat Gold geregnet, vor sehr langer Zeit. Seinen Höhepunkt muss der Goldhagel etwa vor 3,8 Milliarden Jahren ereicht haben. Und dabei ist gerade so viel des edlen Metalls vom Himmel auf die Erde hinab gefallen, dass die Kassen der Juweliere noch heute klingeln: genug, um ein paar Lagerstätten zu füllen.

Metallreiche Meteoriten brachten das Gold und mit ihm auch Platin in schauerartigen Niederschlägen zu uns. Daran hat Astrid Holzheid von der Universität Münster inzwischen keine Zweifel mehr. Ansonsten dürfte es davon auf der Erde nämlich längst nicht so viel geben. Denn Stoffe wie Eisen, Gold oder Platin versanken in der Entstehungszeit der Erde im zunächst noch völlig flüssigen und heißen Erdkern. Was schwer ist, fällt nach unten, und so blieb im äußeren Erdmantel nicht viel davon zurück.

Dass trotzdem hier und da reichlich Gold zu finden ist, könne nur durch Meteoriteneinschläge erklärt werden, berichten die Mineralogin Astrid Holzheid und ihre Kollegen nun im Wissenschaftsmagazin "Nature" (Band 406, Seite 396). Meteoriten, die die Erde erst nach der Bildung des Erdkerns vor rund 4,45 Milliarden Jahren getroffen haben. Mit ihnen blieben auch die Edelmetalle im bereits merklich abgekühlten Erdmantel stecken und konnten nicht mehr ins Innerste des Globus durchsickern.

Die Theorie ist keineswegs neu. Aber bisher konkurrierte sie mit weiteren Erklärungsmöglichkeiten für den Edelmetallreichtum in Erdmantel und Erdkruste. Allen diesen Modellen ist gemein, dass sie bis dato ungeprüfte Annahmen über das Verhalten der Substanzen in heißen Schmelzen im Erdinnern beinhalten. Denn die extremen Temperatur- und Druckverhältnisse, wie sie einst im Erdinnern herrschten, sind im Labor kaum zu rekonstruieren.

Bei der Geburt der Erde vor 4,56 Milliarden Jahren waren die chemischen Elemente mehr oder weniger homogen verteilt. Eisen machte dabei etwa 35 Prozent der Gesamtmasse der Proto-Erde aus. Es schmolz im Laufe der ersten Jahrmillionen nach der Entstehung des Globus bei sehr hohen Temperaturen. Dann sammelte es sich in dem heute zum Teil festen Erdkern und zog andere Metalle mit sich nach unten: Gold und Platin, Palladium und Iridium. Wissenschaftler bezeichnen diese Stoffe als "Metall liebend", denn sie vermischen sich vorzugsweise mit Eisen-Nickel-Schmelzen. Wie wohl sie sich in metallischem Magma fühlen, lässt sich mit Hilfe der nötigen Experimentierkunst exakt beziffern.

Aus Liebe zum Eisen-Magma

Über den genauen Ablauf der einstigen Trennung von Erdkern und Erdmantel ist aber immer noch recht wenig bekannt. Zudem verwehrt uns die Erde einen genauen Blick in ihr Inneres. Viel Raum also für wissenschaftliche Spekulationen, für jene etwa, die bezweifeln, dass das Wohlbefinden bei höllischen Temperaturen bestehen bleibt. Sie gaben in der Vergangenheit immer wieder zu bedenken, ein beachtlicher Teil der Edelmetalle würde unter extremen Bedingungen vielleicht doch lieber in die Silikatschmelze des zähen Erdmantels eingehen, als mit dem Eisen-Magma in den Kern hinab zu sinken.

Eine Wissenschaftlergruppe aus Deutschland, Kanada und Australien hat dies nun an verschiedenen Hochdruckapparaturen überprüft. Sie verwendeten dazu einen winzigen Eisenbecher und füllten ihn mit einer Silikatschmelze. Dazu gaben sie kleine Mengen an Platin und Palladium und zerquetschen diese zutiefst irdische Mischung in Stempelzylinder- und Vielstempelpressen. "Wir haben damit die Druck- und Temperaturbedingungen in 500 Kilometern Erdtiefe simuliert", sagt Astrid Holzheid.

Die Neigung von Palladium und Platin, sich mit der Silikatschmelze zu verbinden, war jedoch auch unter hohem Druck gering. Der Gehalt der Elemente in der Silikatschmelze war auf jeden Fall viel kleiner, als es deren Anreicherung im heutigen Erdmantel entspricht.

Meteoriteneinschläge sind nach Meinung des Forscherteams die einzig schlüssige Erklärung für dieses Überangebot an Palladium, Platin und auch Gold. Die extraterrestrischen Substanzen sammelten sich demnach im Erdmantel, weil die Erde im Laufe der Zeit mehr und mehr abkühlte. Sie konnten nicht mehr heiß genug werden, um auch nur teilweise zu schmelzen, und daher auch ihre Liebe zum metallischen Magma nicht mehr unter Beweis stellen.

Verschwundene Krater

Mehrere bereits bekannte Befunde erhärten diese Vorstellung. So schwirren heute in unserem Sonnensystem noch vereinzelt Zeugen der grauen Vorzeit herum, die "chondrischen Meteoriten". In diesen Metallklumpen gibt es nicht nur Stoffe wie Gold, Platin oder Palladium. Die Konzentrationen dieser Substanzen stehen zueinander im selben Verhältnis, in dem diese relativen Häufigkeiten auch im Erdmantel zu finden sind.

Wie viele solche Meteoriten einst die Erde trafen, lässt sich nicht mehr direkt nachweisen. Nur wenige Einschlagskrater, etwa der berühmte Arizona-Krater, sind erhalten geblieben. Die Bewegung der Erdschollen, Wasser und Winde haben beinahe sämtliche Spuren verwischt.

In unserer direkten Nachbarschaft gibt es jedoch Himmelskörper, deren Oberfläche seit Jahrmillionen keinen derartigen Veränderungen mehr unterworfen war. So habe der Mond eine sehr alte Kruste, sagt der Geochemiker Klaus Mezger von der Universität Münster. Und die ist von kleinen und großen Kratern übersät, darunter auch jene Mare, die als dunkle Flecken von der Erde aus sichtbar sind und von denen man einst dachte, es wären Ozeane. Die meisten Einschläge habe der Mond vor rund 3,8 Milliarden Jahren erlitten, sagt Mezger. Der Erde müsse es damals ähnlich gegangen sein.

Der Vergleich mit dem Mond lässt außerdem eine Abschätzung des Umfangs des kosmischen Bombardements zu. Die Erde hat demzufolge durch die ständigen Einschläge etliche Tonnen hinzu gewonnen: rund 0,7 Prozent ihrer ursprünglichen Masse, sagt Astrid Holzheid. "Das entspricht einem Bombardement der Erde mit zirka 1000 Tonnen außerirdischen Materials pro Jahr."

Das lässt sich gut mit heutigen Gold- oder Platinvorkommen in Einklang bringen. Man findet die Edelmetalle nur in wenigen Lagerstätten. Das meiste Gold aber verwahrt Gaia sicher in ihrem Mutterschoß: im Erdkern. Wenn wir den Erdkern anzapfen könnten, würden die Goldpreise schnell fallen, sagt Astrid Holzheid.

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