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Gesundheit: „Nicht alle Unis sind gleich gut“

Peter Gaehtgens, der neue Chef der Hochschulrektorenkonferenz, will mehr Wettbewerb und Studiengebühren

Wie geht es den 262 deutschen Hochschulen, die Sie jetzt vertreten werden?

Sie befinden sich im Zustand großer Umwälzungen. Da ist einerseits die Umstellung auf die neuen, gestuften Studiengänge Master und Bachelor. Ein weiterer Punkt sind die veränderten Aufgaben, die auf die Hochschulen zukommen. Man muss sich viel mehr als früher um zukünftige Studierende und um Ehemalige kümmern, ebenso um die Stakeholders in Wirtschaft und Gesellschaft. Das alles geschieht vor dem Hintergrund von Finanzierungsschwierigkeiten und einem wachsenden Internationalisierungsdruck. Das ist ein dickes Paket für die Hochschulen.

Zu diesem Paket gehört neuerdings auch, dass der Bund womöglich aus der Finanzverantwortung für den Hochschulbau aussteigt. Welche Chancen sehen Sie, den Hochschulbau als gemeinsame Aufgabe zu retten?

Ich denke, es gibt gute Chancen dafür. Denn wenn der Bund seine 50prozentige Beteiligung nicht aufrechterhält, wird die Bereitschaft der Länder, zu zahlen, ebenfalls schwinden. Und angesichts des erheblichen Bedarfs wäre das eine Katastrophe.

Das neue Ranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft zeigt ein Nord-Süd-Gefälle. Im Süden werden meist deutlich mehr Drittmittel eingeworben. Ist die finanzielle Ausstattung der Hochschulen der einzige Grund dafür?

Das ist ein wichtiger, aber nicht der einzige. Ganz wesentlich für die Entwicklung von Hochschulen ist ihre Wertschätzung als Motoren der regionalen Entwicklung durch die Politik und die Kontinuität der Rahmenbedingungen, zu denen besonders Planungssicherheit gehört. Das ist so wie mit dem Blumentopf auf dem Fensterbrett. Wenn ich den drei Tage nicht begieße, kann ich am vierten Tag die doppelte Menge geben, aber die Pflanze ist trotzdem hin.

Es gibt auch ein Ost-West-Gefälle.

Es gibt im Osten aber auch Hochschulen, die auf dem besten Wege sind, zu den besten im Lande zu werden. Im Wettbewerb um Qualität haben auch die ostdeutschen Hochschulen sehr gute Chancen – wenn sie ihre Profile entwickeln.

Könnte bei der Profilbildung auch ein Hochschul-Ranking helfen, wie Bildungsministerin Bulmahn es plant?

Ich bin der Meinung, dass ein vernünftiges Ranking hilfreich wäre, mit dem man nicht ganze Hochschulen, sondern einzelne Fächer vergleichen sollte wie zum Beispiel das Centrum für Hochschulentwicklung es tut. Nur wenn wir aufhören, so zu tun, als seien alle ganz gut, können wir einen Wettbewerb um Qualität zustande bringen.

Als Präsident der Freien Universität haben Sie gezögert, Bachelor- und Masterstudiengänge einzuführen. Wie werden Sie jetzt als HRK-Präsident mit dem Thema umgehen?

Wir müssen diese Reform unbedingt vorantreiben. Das würde ich inzwischen auch als FU-Präsident tun. Einerseits wegen der europäischen Entwicklung, in der die internationale Mobilität von Studierenden dringend gefördert werden muss. Andererseits sollte in Zukunft ein größerer Anteil eines Jahrgangs in den Hochschulen ausgebildet werden. Das aber können wir mit dem klassischen System, seinen hohen Abbruchquoten und den überlangen Studienzeiten nicht bewältigen. Meine Sorge ist, dass die Reform nicht schnell genug umgesetzt wird. Dafür gibt es auch finanzielle Gründe, denn die Reform kostet Geld. Aber ausgerechnet jetzt wollen die Länder bei den Hochschulen sparen.

Wie verkauft sich die Ware Bildung aus Deutschland im Moment auf dem internationalen Markt?

Die in Deutschland Ausgebildeten „verkaufen“ sich sehr gut, was uns freut, aber uns auch Sorgen macht, denn es führt zu dem berüchtigten Brain drain. Aber einen echten internationalen Bildungsmarkt gibt es natürlich noch gar nicht. Im Interesse der sehr begrenzten Mobilität der Studierenden müssen wir auch die Dozenten international rekrutieren. Aber leider gibt es dafür viele, auch bürokratische Hindernisse.

Unlängst hat Ihr Vorgänger Studiengebühren gefordert. Denkt die Mehrheit der Hochschulpräsidenten inzwischen so wie er?

Ich glaube, das war Herrn Landfrieds persönliche Meinung, die ich übrigens teile. Aber es gibt keinen neuen Beschluss der Rektoren, weil die Gesetzeslage im Moment Gebühren für das Erststudium ausschließt.

Wenn es das Verbot nicht gäbe: Glauben Sie im Ernst, man könnte den Staat daran hindern, die Gebühren gleich abzuschöpfen?

Das halte ich für möglich. Man könnte die staatliche Finanzierung und die Gebühren der Studierenden geschickt aneinander binden. Es geht aber vor allem darum, auch durch Studiengebühren den Wettbewerb zu fördern. Wenn Studierende sich für eine Hochschule entscheiden, dann sollte das auch durch die Gebühren honoriert werden.

Wie beurteilen Sie den Vorschlag des Berliner Wissenschaftssenators Thomas Flierl, Studienkonten einzurichten? Langzeitstudierende, die ihr Konto überziehen, müssten dann 500 Euro im Semester zahlen.

Das ist ein Modell, in dem es weniger darum geht, Gebühren einzuführen, als Langzeitstudenten zu bestrafen. Natürlich überziehen sie das Privileg, kostenlos studieren zu können. Studiengebühren sollten aber nicht ein Instrument der Bestrafung sein, sondern Ausdruck einer Wertschätzung der Leistung, die ich dafür bekomme.

Die Fachhochschulen fühlen sich gegenüber den Universitäten stiefmütterlich behandelt, etwa wegen der höheren Lehrverpflichtung oder der schlechteren Ausstattung. Die Unis dagegen pochen auf ihre Vorrechte. Wie positionieren Sie sich in diesem Konflikt?

Fachhochschulen liefern einen sehr wichtigen Beitrag im Bildungssystem, weil sie eine sehr praxisnahe Ausbildung anbieten. Das Problem ist, dass mit den verschiedenen Aufgaben von Unis und Fachhochschulen oft eine Statusfrage verbunden wird. Ich glaube, dass der Konflikt durch die Master- und Bachelor-Studiengänge entschärft wird.

Gibt es etwas, das Sie anders machen wollen als Ihr Vorgänger?

Herr Landfried hat das große Verdienst, die Themen der HRK stark in die Öffentlichkeit getragen zu haben. Im Temperament gibt es zwischen uns Unterschiede. Aber die inhaltliche Kontinuität steht im Vordergrund.

Das Gespräch führte Anja Kühne

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