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Gesundheit: Nicht beim Minister um Geld betteln müssen

"Privatisieren" heißt das Zauberwort für den Staat, dem seine Aufgaben zu teuer werden, auch in den Hochschulen. Waschen, Kochen, Putzen, das sollte im Benjamin Franklin Klinikum der FU vor ein paar Jahren mit einer neuen "Service-GmbH" billiger und besser klappen.

"Privatisieren" heißt das Zauberwort für den Staat, dem seine Aufgaben zu teuer werden, auch in den Hochschulen. Waschen, Kochen, Putzen, das sollte im Benjamin Franklin Klinikum der FU vor ein paar Jahren mit einer neuen "Service-GmbH" billiger und besser klappen. Die Pläne verstauben inzwischen im Aktenschrank. Wer die Hochschulen wirklich "aus der atemberaubenden Umarmung des Staates befreien" will, muss viel mutiger und weiter voranschreiten, meint jedenfalls der niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann. Er will Unis und Fachhochschulen in "Stiftungshochschulen" umwandeln. Daran hat noch keiner seiner Amtskollegen gedacht.

Der Gedanke ist genial, jedenfalls als PR-Idee. Oppermanns Staatssekretär Uwe Reinhardt erläutert: "Stiftung, das klingt nach Gemeinwohl, bürgerschaftlichem Geist mit Weitblick fast bis in die Ewigkeit. Das kann Wohlhabende zum Mittun reizen, zum Zustiften per Testament." Warum nicht ein bisschen wie der große Bruder sein, ein Harvard an der Leine oder Spree anlegen?

Das nötige Stiftungskapital besteht zunächst allerdings nur aus den Immobilien der jeweiligen Hochschule. Die hat einen großen Vorteil davon: Sie wird kreditfähig, kann ihre Grundstücke und Häuser beleihen und muss nicht mehr um jeden Euro beim Finanzminister betteln. Das ist ein mehr an Hochschulautonomie, wie es Klaus Landfried, der Präsident aller deutschen Rektoren, schon lange fordert. Um aber ihren Betrieb zumindest überwiegend aus eigener Kraft finanzieren zu können, bräuchte jede Stiftungshochschule ein Grundkapital von einigen Milliarden Euro. Das aber ist in Deutschland, dem Land der begrenzten Möglichkeiten, einfach nicht drin, sagt der Chef der Hamburger Uni, Jürgen Lüthje, mit leiser Melancholie.

Auf absehbare Zeit wird die "Stiftungshochschule" im wesentlichen auf laufende staatliche Zuwendungen angewiesen bleiben. Sie sollen in Niedersachsen auf aushandelbaren "Zielvereinbarungen" zwischen dem Wissenschaftsminister und den einzelnen Hochschulen beruhen. Darin können sie sich der Umarmung durch den Staat nicht mehr entziehen. "Über Zielvereinbarungen kann der Staat seinen Willen genauso durchsetzen wie durch die direkte Aufsicht nach bisherigem Recht", erklärt Hans-Uwe Erichsen, der frühere Präsident der Hochschulrektorenkonferenz. "Die Entstaatlichung der Hochschule muss ein Traum bleiben, solange sie nach staatlichen Zuwendungen rufen muss."

Nur rein äußerlich mag alles anders aussehen. An der Spitze der Stiftungshochschule steht ein Stiftungsrat mit sieben Mitgliedern. Nur einer davon wird vom Staat entsandt, einer auch von der Hochschule. Die fünf anderen sollen bewährte Führungskräfte aus der Wirtschaft oder Kultur sein. Der Minister beruft sie "im Einvernehmen" mit der Hochschule, also nie gegen seinen eigenen Willen.

Vater Staat lässt seine Hochschulen erwachsen werden, behandelt sie nicht mehr wie Kinder, die er bei jedem Schritt an die Hand nimmt. Aber vorsichtshalber stellt er sie mit den Stiftungsräten unter Vormundschaft. Alles ändert sich etwas, damit alles bleiben kann, wie es ist.

Hermann Horstkotte

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