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Gesundheit: Nicht nur sauber, sondern klein

Die Technische Universität Berlin eröffnet die Reinräume ihres neuen Nanophotonikzentrums

Elektronische Speicherchips sind empfindliche Wesen. Man braucht sie nur anzuschauen, schon hat man sie kontaminiert. Auch wer bewegungslos davor sitzt, bringt durch seine Ausdünstungen, die Atmung und schon durch leichtes Nicken mehrere 100000 kleine Partikel in Umlauf. Schon wenige dieser Schwebeteilchen können während des Herstellungsprozesses die miniaturisierte Technik völlig unbrauchbar machen.

Die Technische Universität Berlin hat am Mittwoch neue Reinräume für die Entwicklung winziger elektronischer und optischer Bauelemente eingeweiht. 5,4 Millionen sind in das „Zentrum für Nanophotonik“ geflossen. Ein Gutteil des Geldes ist dazu da, die Forschungseinrichtung sauber zu halten.

Institutsdirektor Dieter Bimberg und Berlins Wissenschaftssenator Thomas Flierl zogen sich am Mittag als Erste bis auf die Unterwäsche aus und schlüpften in die blauen Reinraumanzüge, um das Labor nach einer kräftigen Luftdusche durch zwei Schleusen hindurch zu betreten. Und was den Senator am meisten freute: Unter den modernen Apparaturen ist allerlei Berliner Technik zu finden.

Ein Beispiel dafür ist eine Trockenätzanlage der Firma Sentech Instruments in Adlershof. In eine Aussparung dieses schrankgroßen Geräts legen Forscher eine Scheibe, die zuvor mit unterschiedlichen Materialschichten bedampft wurde. „Auf diese Probe schießen wir zum Beispiel geladene Argon-Teilchen“, sagt der Physiker Oliver Schulz. Die schnellen Partikel schlagen Atome aus der Probe heraus. Bei diesem Ätzprozess erzeugen sie winzige Strukturen in der Probe, jene Formen, die der Experimentator für das gewünschte Bauteil benötigt.

An der TU Berlin haben sich die Wissenschaftler bereits seit einigen Jahren darauf spezialisiert, auf den runden Proben winzige Pyramiden wachsen zu lassen. Pyramiden, die selbst nur aus wenigen tausend Atomen bestehen. In der Fachwelt sind sie als „Quantenpunkte“ bekannt.

Quantenpunkte bilden eine Art Käfig für elektrische Ladungen. Sind die Materialien richtig gewählt, treffen die negativ geladenen Elektronen innerhalb dieser Pyramiden irgendwann auf ihre positiv geladenen Gegenspieler, die Löcher. Dabei zerstrahlen sie und senden Licht aus. Größe und Anordnung der Pyramiden bestimmt wichtige Eigenschaften des entstehenden Lichtes.

Vor zehn Jahren gelang es Bimberg zusammen mit russischen Kollegen, auf dieser Grundlage den weltweit ersten Quantenpunktlaser zu präsentieren. Die Industrie verspreche sich viel von solchen Lasern, sagte Bimberg bei der Laboreröffnung. Laserprojektoren, die nur so groß sind wie eine Zigarrenschachtel, könnten eines Tages von der heimischen Wohnzimmerdecke hängen und das Fernsehbild liefern. „Das wäre sehr energiesparend.“ Während moderne Fernsehgeräte 200 Watt Energie benötigen, würden die neuen Geräte mit zehn Watt auskommen. Und da fünf Prozent des deutschen Elektroenergieverbrauchs fürs Fernsehen aufgewendet werden, ließe sich dadurch ein großes Kraftwerk einsparen, so Bimbergs Vision.

Für die Entwicklung geeigneter Laser kann die TU nun Trocken- und Nassätzverfahren einsetzen. Etwa 15 Physiker und Ingenieure werden in dem Labor versuchen, die Eigenschaften der winzigen Laser zu optimieren, unter ihnen die beiden Physiker Oliver Schulz und Marc Anatol Lochmann. Sie haben die letzten anderthalb Jahre damit verbracht, das Reinraumlabor aufzubauen – anderthalb Jahre ihrer Promotionszeit.

Ein Engagement, das sich bezahlt machen wird. Die beiden Physiker und andere Studenten lernen nun an der TU die Fertigungstechniken für elektronische Bauelemente kennen, die auch in der Industrie und an anderen Forschungsinstituten eingesetzt werden, etwa am Ferdinand-Braun-Institut in Adlershof. Dort mangelt es heute bereits an qualifizierten Nachwuchskräften. Und so verwundert es nicht, dass das neue Labor schon jetzt allerhand technische Unterstützung aus Adlershof bekommt. „Es ist ein tolles Zusammenwirken der verschiedenen Berliner Akteure“, sagte Wissenschaftssenator Flierl.

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