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Gesundheit: Nur das Beste für die Bildung

Höher qualifizierte Erzieher müssen aber nicht besser bezahlt werden Von Gert G. Wagner

Dass in dem von einer Sachverständigenkommission erarbeiteten 12. Kinder und Jugendbericht der Bundesregierung ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz von der Geburt an gefordert wird, überrascht keine Fachfrau und im Grunde auch nicht mehr Politik und Öffentlichkeit. Aber der Bericht enthält über traditionelle pädagogische Forderungen hinaus noch viel mehr Einsichten und Empfehlungen.

Erstmals in der langen Geschichte dieser Berichte werden nicht die Institutionen „Schule“ sowie „Kinder- und Jugendhilfe“ in den Mittelpunkt gestellt, sondern der Lebenslauf von jungen Menschen.

Dadurch sind automatisch auch die vielen privaten Anbieter von außerschulischen Lernorten in den Blick geraten: Mutter-Kind-Gruppen, privater Malunterricht, Musikschulen, Nachhilfe – oder auch Fitnessstudios. Überall wird etwas Wichtiges fürs Leben gelernt, aber Schulen sowie Kinder- und Jugendhilfe haben diesen privaten Bereich weitgehend ignoriert. Der Bericht wirft Licht in dieses Dunkel und fordert vor allem die öffentlichen Akteure zur Zusammenarbeit auf.

Ein wichtiges Detail des Berichts: Die Stärkung der Bildungsaufgaben in öffentlichen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche setzt für das Betreuungspersonal eine bessere Ausbildung voraus. Das bedeutet für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, wie in anderen europäischen Ländern üblich, eine Anhebung auf Hochschulniveau. Dann sind sie auch flexibler einsetzbar; beispielsweise auch in der Altenpflege. Die Finanzminister sollten hier europäische Vergleiche ziehen: Besser ausgebildete Erzieher in Deutschland müssen nicht zwangsläufig auch besser als bisher bezahlt werden. Denn im internationalen Vergleich sind sie gegenwärtig überbezahlt.

Zur Anhebung der pädagogischen Qualität ist aber nicht nur eine bessere Ausbildung des Personals, sondern auch ein externes, von Trägern und Finanzgebern unabhängiges Qualitätssicherungssystem notwendig, das auch Informationen für die einzelnen Kinderbetreuungseinrichtungen öffentlich bereitstellt. Diese Informationen helfen Eltern, sich zu orientieren, und stimulieren einen qualitätsorientierten Wettbewerb der Anbieter.

Auch die Schule muss für Kinder und Jugendliche zu einem Ort vielfältiger Anregungen für ihre Bildung werden – wie das im Ausland vielfach der Fall ist. Das setzt nicht nur eine grundlegende Veränderung der Schule voraus. Die Jugendhilfe, die sich bislang oft auf Problemgruppen unter den Jugendlichen konzentrierte, muss sich grundlegend wandeln. Ein derart vernetztes Zusammenspiel unterschiedlicher Bildungsakteure – einschließlich privater Anbieter – erfordert allerdings eine größere Selbstständigkeit und mehr Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Schulen. Vorbild könnte der Pisa-Spitzenreiter Finnland sein. Schulämter und -räte müssen Macht abgeben – zum Wohle der Kinder.

Der Autor ist Forschungsdirektor für Soziales Risikomanagement am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und zurzeit Gastprofessor an der Cornell University in den USA. Er war Mitglied in der Sachverständigenkommission für den 12. Kinder- und Jugendbericht.

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