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Gesundheit: Phänomen hochbegabte Kinder - an der Marburger Universität wird an den kleinen IQ-Riesen geforscht

Einige rechnen bereits als Zweitklässler mit fünfstelligen Zahlen, während ihre Klassenkameraden gerade das Einmaleins lernen. Andere räumen bei Mathematik-Olympiaden die Preise ab.

Einige rechnen bereits als Zweitklässler mit fünfstelligen Zahlen, während ihre Klassenkameraden gerade das Einmaleins lernen. Andere räumen bei Mathematik-Olympiaden die Preise ab. Oft schlummern die außergewöhnlichen Fähigkeiten aber im Verborgenen. Eltern, aber auch Lehrer erkennen oft die überragenden Geistesgaben der Kinder gar nicht. Eltern können nun in der begabungsdiagnostischen Beratungsstelle (Brain) an der Universität Marburg die Befähigung ihrer Kinder überprüfen lassen.

"Schätzungsweise die Hälfte der Eltern, welche eine Hochbegabung bei ihrem Kind vermuten, liegen jedoch falsch", meint der Psychologie-Professor Detlef Rost. Unter seiner Leitung untersuchen Wissenschaftler, inwieweit Kinder herausragende Fähigkeiten besitzen, unbekannte, logische Probleme schnell zu lösen.

Seit 1987 hat der Wissenschaftler im Rahmen einer europäischen repräsentativen Längsschnittstudie 7300 Grundschüler auf herausragende intellektuelle Fähigkeiten untersucht. 151 von ihnen hatten einen Intelligenzquotienten von mindestens 130. "Nur zwei Prozent der Bevölkerung weist diesen Wert auf", erklärt Rost. Unterschiede zwischen hoch begabten und durchschnittlichen Kindern gebe es kaum. Die besonders intelligenten Kinder verhielten sich aber eher sozial geschickter und seien etwas fröhlicher. Bis zu 15 Prozent der Hochbegabten hätten dagegen massive Probleme mit der Schule, den Eltern oder mit sich selbst. Unterforderung im Unterricht und eine damit einhergehende Langeweile können bei diesen so genannten "Under-achievern" zu schlechten Noten führen.

Dann ist es für Eltern und Lehrer besonders schwer, die herausragenden intellektuellen Fähigkeiten zu erkennen. So forderten die Marburger Psychologen im Rahmen ihres Forschungsprojektes Grundschullehrer auf, 16 Prozent ihrer Schüler als hoch begabt einzustufen. Hatten die Schüler gute Noten, erkannten die Lehrer bei drei Viertel dieser Kinder herausragende intellektuelle Fähigkeiten. "Bei hoch begabten Kindern mit schlechten Noten konnten die Lehrer nur bei zehn Prozent deren Fähigkeiten richtig beurteilen", berichtet Rost.

Hochbegabungen erkennt man Rost zufolge am besten mit speziellen umfangreichen psychologischen Tests. In der Marburger Diagnosestelle für Hochbegabte unterziehen sich die Kinder einer bis zu sechsstündigen Untersuchung. Dabei wird dann beispielsweise getestet, wie schnell die Schüler logische Schlussfolgerungen treffen können, wie allgemeine Gesetzmäßigkeiten erkannt werden oder auch wie geometrische Objekte zugeordnet werden. Wird eine Hochbegabung festgestellt, sollte das Kind entsprechend gefördert werden. Am besten sei es, wenn Lehrer und Eltern die Kinder entsprechend ihrer Fähigkeiten fördern. So werde Langeweile im Unterricht eher verhindert. Stimmen Eltern, Lehrer und Kinder zu, könnten beispielsweise Schulklassen übersprungen werden. Auch Spezialschulen oder schwerere Schularbeiten für hoch begabte Kinder könnten hilfreich sein.

Jungen sind nach Angaben des Psychologen etwas häufiger intellektuell hoch begabt als Mädchen. Allerdings treffe dies auch im anderen Extrem zu. So gebe es auch mehr Jungen mit schwach ausgeprägtem Intellekt als Mädchen. Insgesamt sei zu beobachten, dass die Intelligenz bei allen Kindern immer mehr zunimmt. "Die Kinder werden immer schlauer", sagt Rost. Dies liege auch daran, dass immer mehr Schüler eine gute Ausbildung wahrnehmen können. Neben Umwelteinflüssen liegen die Ursachen für Intelligenz vor allem auch in unseren Genen begründet. Das erste Gen für Intelligenz konnte bereits identifiziert werden.

Frank Leth

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